Nein danke

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mangomarina Avatar

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Die karierten Mädchen ist der Auftakt zu einer Trilogie, die es in meinen Augen einfach nicht gebraucht hätte. Ich verstehe das Bedürfnis der Autorin, die eigene Familiengeschichte aufzuarbeiten und zu erzählen - aber nicht so.

Klara, die auf der Oma von Alexa Hennig von Lange basiert, ist eine alte, blinde Frau. Gezeichnet vom Leben lebt sie in ihrer Wohnung und bekommt regelmäßig Besuch von ihren Töchtern (vom Sohn nicht, der muss ja arbeiten. Gleich ein richtig toller Start.)
Die Erinnerungen in ihr werden immer schwerer und so beschließt sie, ihre eigene Geschichte auf Kassetten aufzunehmen. Hiermit hatte ich schon das nächste Problem. Der Aufbau war einfach komisch, man wird dauernd aus der Geschichte gerissen, weil wir die verbitterte Klara der Gegenwart erleben. Emotionen kamen für mich nicht wirklich auf.

Ihre Geschichte ist eigentlich recht einfach. 1929 ist Klara eine selbstständige, junge Frau, die keine Kinder möchte. Sie findet Arbeit in einer Heilstätte für tuberkulosekranke Kinder. Den Mädchen bringt sie bei, wie der Haushalt geführt wird und schnell fühlt sie sich wohl.
Die Heimleitung ist aber schwer krank und so müssen Klara und ihre Freundin Susanna immer mehr Verantwortung übernehmen. Sie treffen dann auch die Entscheidung, ein jüdisches Waisenmädchen ohne finanzielle Unterstützung aufzunehmen.

Natürlich ist es um das Heim nicht gut bestellt, ein Glück, dass die Nazis helfen wollen. Sie wollen aus dem Heim Ausbildungsstätte für junge Frauen machen und obwohl Klara von allen Seiten gewarnt wird, lässt sie sich darauf ein. Sie beschwert sich sogar noch, wenn ihr jemand helfen möchte und reagiert genervt mit der Frage “Willst du mir Angst machen?”, wenn Susanna ein offenes Gespräch über ihre Ängste führen möchte. Und hier bin ich einfach raus.

Wir könnten jetzt das Fass aufmachen, dass Menschen damals keine Wahl hatten, sich selbst schützen müssten, blah blah. Es gab damals ja nur Mitläufer, Täter waren immer die anderen, klar
Aber so weit müssen wir gar nicht gehen. Klara hat absolut gar nichts versucht. Sie hat sich bewusst dafür entschieden, die Augen zu verschließen und später noch über andere zu urteilen. Der Gedanke “Fräulein Martin hatte recht gehabt, als sie damals gesagt hatte: Die Menschen sind furchtbar dumm. Sie erkennen nicht das Üble, weil sie das Gute nicht kennen.” hat mich von einer Klara doch sehr amüsiert.
Ich habe ihr ihre Naivität einfach nicht glauben können und ihr Egoismus war an vielen Stellen auch der Situation nicht angemessen. Reflexion gab es an keiner Stelle, zum Ende hin hatte sie ein paar Gedanken, aber gehandelt hat sie nie danach.

Ich befürchte, dass die Absicht der Autorin dem Buch hier einfach zum Verhängnis geworden ist. Also, die Geschichte ist nur an die Erlebnisse ihrer Großmutter angelehnt, es ist keine komplette Nacherzählung, aber einiges wurde eben übernommen. Im Nachwort spricht sie selbst darüber, dass ihre Oma auf den Kassetten öfter ins Stocken kam und einiges nicht Ausformulieren konnte. Ob Schuldgefühle und Scham da eine Rolle gespielt haben, wissen wir aber nicht, denn auch Klara hat damit nicht viel am Hut. Natürlich möchte niemand seine Familie in ein schlechtes Licht rücken. Aber dann lass es doch bitte einfach und fang nicht an, diese Zeit zu beschönigen?

Auch dass jüdische Mädchen, dass die Situation noch mal emotionaler machen und Klaras tolles, reines Herz darstellen soll, hat hier nicht geholfen. Dazu gabs dann natürlich eine dringend notwendige Lovestory, die für mich alles noch weiter ins Lächerliche gezogen hat.

Die Frage, ob wir Bücher brauchen, die eine so schlimme Zeit so verharmlosen und die Täter-Opfer Frage so verwässern, kann ich für mich nur mit einem klaren Nein beantworten. Von mir gibts hier auf jeden Fall eine Empfehlung: Lasst das Buch stehen und verschwendet eure Zeit schöner.