So könnte es gewesen sein...

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doralupin Avatar

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Klara ist über neunzig Jahre alt, als sie beginnt ihr Leben auf Kassetten zu sprechen. Ihren Kindern und Enkeln ist die alte Frau stets unnahbar und kühl gewesen, auf diesem Weg möchte sie ihrem Nachwuchs ihre Geheimnisse im Leben anvertrauen. 1929 erhält Klara trotz der Weltwirtschaftskrise einen Job im Kinderheim Oranienbaum. Sie ist überglücklich und hat sogar Geld zur Verfügung, dass sie ihrer Familie heimschicken kann. Doch dann kommen Menschen an die Macht, die dem Kinderheim und Klara, die mittlerweile Leiterin ist, alles abverlangen. Wenn das Kinderheim nicht schließen soll, muss Klara alles dafür tun die neuen Machthaber zufrieden zu stellen. Ihr Mündel, das jüdische Mädchen Tolla gerät bald in Gefahr und Klara und ihr Freund Gustav müssen sich unbedingt etwas für die Zukunft des Mädchens überlegen...

Dieses Buch ist eine Mischung aus Fiktion und der wahren Geschichte der Großmutter der Autorin, die ihr Leben tatsächlich auf Kassetten aufgenommen hat! So erhält man als Leser einen ganz besonderen Einblick in die Zeit von 1929 bis nach der Machtergreifung Mitte der 30er Jahre. Der Schreibstil ist eher distanziert aber dennoch gut und einfach zu lesen. Die Autorin beschreibt ihre Großmutter selbst als eher unnahbare Person und so ist es verständlich, wenn auch schade, dass Klara dem Leser eher fremd bleibt. Dafür wird ungeschönt von Deutschlands Vergangenheit berichtet und wie es den "einfachen Menschen" damals ergangen ist. Es wird beschrieben wie naiv Klara zu Anfang ist und die drohende Gefahr weder einschätzen noch sehen kann und erst als es eigentlich schon zu spät ist, beginnt Klara zu begriefen was es für sie und das Heim zu bedeuten hat das diese Menschen nun an der Macht sind! Besonders gut gefallen hat mir dabei wie ehrlich die Autorin vorgeht und ihre Großmutter nicht zur strahlenden Heldin und Wiederstandskämpferin macht, sondern sie als einer ganz normale Frau beschrieben hat, die irgendwie versucht in dieser Zeit klarzukommen und das Beste für sich und die Heimkinder zu erreichen.

Fazit: Eine sehr interessante und ehrliche Geschichte zwischen Fakten und Fiktion, mit einem interessanten Nachwort der Autorin. Ich empfehle das Buch gern weiter und freue mich schon auf den zweiten Teil!