Berührende und fesselnde Geschichte in Berliner Nachkriegszeit

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niniste Avatar

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Schon nach ein paar Sätzen bin ich von der Geschichte gefangen genommen worden. Juliana Weinberg hat mich mit ihrem bildhaften und lebendigen Schreibstil direkt ins Jahr 1948 nach Berlin entführt. Hinein in die Familie der 30 jährigen Nora, die mit ihren zwei Kindern , Mutter und Schwester zwar beengt , aber harmonisch in einer Wohnung im Amerikanischen Sektor lebt. Ihr Mann ist schon seit 5 Jahren vermisst, sie hat trotzdem die Hoffnung, daß er noch lebt und eines Tages wieder zurückkehren wird.
Das Leben ist karg, die Nahrungsmittel -Versorgung schlecht. Der Lebensmittel-Händler , einst ein Freund ihres Mannes , steckt noch mitten in der Ideologie der Nazi- Zeit . Stets behauptet er , keine Ware mehr für sie und ihre Familie zu haben.
Wie belastend muß es für eine Mutter sein, ihre Kinder nicht ausreichend satt zu bekommen. Als Nora hört, daß die Air Force nach Mitarbeitern sucht, macht sie sich große Hoffnungen auf eine Stelle. Mit ihrer Qualifikation als studierte Dolmetscherin kann sie überzeugen und bekommt die Stelle. Auch die neu gewonnene Freundin Ella bekommt eine Anstellung. Nun kann es nur noch aufwärts gehen!
Die Beschreibungen der zerstörten Stadt, die Not, die Schwierigkeiten durch unzuverlässige Bahnverbindungen sind so realistisch, daß ich mir alles direkt vorstellen kann. Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet, besonders dem kleinen Sohn möchte man am liebsten gleich knuddeln. Auch Noras Schwester Hanna mit ihren lockeren Sprüchen gefällt mir sehr gut.
Ich bin sehr gespannt, wie es Nora bei der Air Force ergehen wird. Was kommt auf sie zu und kann ihre Mutter ihre Wut auf die Amerikaner, die ihr Haus zerbombten und ihr damit den Bruder nahmen, eines Tages vergessen? Wird Noras Mann Joachim noch zurückkehren? Wie gestaltet sich das Leben, als Berlin durch die Russen von der Versorgung komplett abgeschnitten wurden, die Rosinenbomber das Überleben der Bevölkerung aufrecht hielten? Ein spannendes und beeindruckendes Stück Zeitgeschichte. Geschickt von Juliana Weinberg verknüpft mit der fiktiven Geschichte von Nora und ihrer Familie.
Das Buchcover passt perfekt zur Geschichte. Zwei Kinder, am Himmel das Flugzeug, das die überlebenswichtigen Pakete abwirft.
Am liebsten hätte ich sofort weiter gelesen, um die Familie auf ihrem Weg zu begleiten.