Eher ein Liebes- denn ein Historischer Roman

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Ich bin ehrlich gesagt, von diesem Buch enttäuscht. Als Historischer Roman angekündigt, hätte ich erwartet, daß die Ereignisse der Jahre 1948 und 1949 in Berlin historisch aufgearbeitet werden und sich nicht in Zänkereien in einem Schreibbüro der Amerikaner am Flughafen Tempelhof ergehen. Ich war ein Kind der Luftbrücke und als Kind genau in dieser Zeit in Berlin. Meine Erzählung über diese Zeit würde anders ausfallen. Es gab die Luftbrücke, die die Amerikaner nach der Blockade der Russen ins Leben gerufen haben. Ich erinnere mich an Care-Pakete, die wir jedesmal mit großer Dankbarkeit erhalten haben. Ich erinnere mich aber auch an die schweren Tritte im Treppenhaus, als die Russen in die Wohnungen eingedrungen sind und alles Essbare, Winterkleidung und vieles mehr mitgenommen haben. Diese lauten Schritte mit den schweren Stiefeln höre ich heute noch. Die Hungersnot und die Angst vor der Arbeitslosigkeit wird an der Familie Thalfang festgemacht, wie aber die Lebensmittel verteilt wurden und wie sie bei den einzelnen Familien ankamen, wird in dem Buch nicht beschrieben. Zu einfach ist auch die Version der gestohlenen Medikamente. Auch hier ist alles auf einen Fall beschränkt. Ich bin überzeugt, daß die Medikamente in den Kliniken einer strengeren Kontrolle unterworfen waren. Meine Großmutter ist in dieser Zeit an einer Lungenentzündung gestorben, weil sie trotz ärztlicher Behandlung keine Medikamente erhalten konnte. Es gab keine.

Für mich ist diese Zeit ein einziges Schreckensszenarium, wovon ich in diesem Buch nichts wiederfinde. Und das betraf nicht nur meine, sondern alle Familien.

Leider bezieht sich das Buch auf die Umgebung des Flughafens Tempelhof. Hier entstanden viele Beziehungen zwischen amerikanischen Soldaten und deutschen Frauen, die durch ihre Bekanntschaften viele Vorteile nutzen konnten. Das alles kann und will ich nicht werten, aber dies zum Mittelpunkt des Buches zu machen, wird dem Titel nicht gerecht.

Auf dem Weg in den Kindergarten mußte ich an einer amerikanischen Kaserne vorbei. Von den Wachen dort habe ich immer einen Kaugummi, Schokolade oder auch eine Scheibe Weißbrot bekommen. Auch dies werde ich nie vergessen. Die Amerikaner waren ja nicht nur am Flughafen.

Die Zeit der Luftbrücke war geprägt von Ängsten, Hunger, Kälte und Entbehrungen. Das galt für alle Menschen, die hier lebten. Das sagt das Buch nicht aus. Es ist halt eher ein Liebesroman. Schade.