Wichtiges Thema, leider nicht fesselnd

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stoepfel Avatar

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Sehr angetan von der Leseprobe war ich gespannt auf die Geschichte.

Sie wird von Natan erzählt, einem ca 12-jährigen jüdischen Jungen aus Berlin, der im Rahmen einer Rettungsaktion mit anderen Kindern außer Landes geschleust wird. Ziel ist Eretz Israel. Zum Zeitpunkt seiner Flucht ist sein Vater bereits deportiert, seine Mutter und den kleinen Bruder muss er zurücklassen. Die Gruppe landet in einer Villa in Norditalien. Zuerst sind Teile der Dorfbevölkerung skeptisch, aber als die Deutschen auf ihre Spur kommen und sie fliehen müssen, ist eine große Hilfsbereitschaft da.

Leider hat mich die Erzählweise und / oder die Übersetzung über weite Strecken enttäuscht.

Aus meiner Sicht konnte der Autor, laut Klappentext bisher mit Kinderbüchern beschäftigt, zu keinem klaren "Erwachsenenstil" finden. Inhaltlich vermisste ich häufig eine Einordnung des Jahres, der politischen Gesamtsituation. Auch die sprachliche Ausgestaltung war eher dürftig, kurze Sätze, bisweilen scheinbar zusammenhanglos aneinandergereihte Episoden aus dem Leben im Exil. Ich hatte auch aufgegeben, den auftauchenden Namen Charaktere zuzuordnen, sie blieben, bis auf Sonja und Agnes, seltsam blass und austauschbar. Klar, dass dies der konsequenten Sicht des erzählenden Natan geschuldet ist, aber schade, dass die anderen so zur puren Masse verkommen und historische Details nur aus belauschten Gesprächen angerissen werden können.
Ein zumindest temporärer Wechsel des Erzählstils hätte das retten können.

Der Bogen um das Ganze dagegen, der Beginn des Buchs, die liebevolle Schilderung des humorvollen Vaters, die warmherzigen Dorfbewohner und die dramatische Flucht dagegen fand ich gelungen.

Schade, denn das Thema hat durchaus ein gutes Buch, eine gute Erzählung verdient. Im Nachwort, in dem die Namen der Geretteten aufgelistet sind, wird die Dimension dessen deutlich, was es heißt, Leben zu retten. Möglicherweise liest sich das Buch in Italienisch flüssiger, besser als in der Übersetzung.

Vielen Dank an den Verlag und vorablesen.de für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!