Social Media und seine Folgen

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ava_lon Avatar

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Inhalt
Mélanie war als junges Mädchen ein großer Fan von Formaten wie ›Big Brother‹. Sie hatte stets davon geträumt, gesehen und berühmt zu werden. Jahre später, als Mutter zweier Kinder, ist es ihr gelungen: Sie ist eine erfolgreiche Youtuberin mit Tausenden von Followern. Objekt ihrer Videos und Posts sind ihre Kinder, die auf Schritt und Tritt gefilmt werden. Seit Kurzem kommt ihre kleine Tochter dem Filmen jedoch immer unwilliger nach. Mélanie tut das als eine Laune ab. Denn wie könnte man die unendliche Liebe, die ihnen aus dem Netz entgegenkommt, als Last empfinden? Kurz darauf verschwindet Kimmy nach einem Versteckspiel spurlos. Wie, fragt sich die ermittelnde Polizeibeamtin Clara, soll man einen Verdächtigen ausmachen bei einem Kind, das Tausende Menschen kennen und mehrfach täglich sehen? Schnell begreift sie, dass ihre Methoden der Ermittlung in der virtuellen Welt vollkommen nutzlos sind …
Cover
Es fällt mir schwer eine Meinung zum Cover zu bilden. Die Farbenauswahl finde ich spannend, allerdings hat mich hier eher der Klappentext interessiert als das Cover.
Ein Wort vorneweg
Meine Rezensionen können sowohl Spoiler enthalten als auch Analysen und Bewertungen, wobei der Schwerpunkt auf meinen persönlichen Eindrücken liegt.
Mein Eindruck
Auch diese Autorin war mir bislang gänzlich unbekannt und so war ich super gespannt darauf, wie dieser Roman sein würde.
Den Schreibstil fand ich sehr gut und das Buch ließ sich zügig durchlesen. Das Thema ist aus meiner Sicht sehr schwierig und schon seit längerer Zeit brisant. Es gibt wie immer zwei Seiten, die einen die die öffentliche Zurschaustellung von Kindern gnadenlos ablehnen und die anderen, die ihre Kinder gerne präsentieren.
Ich war sehr gespannt, wie die Autorin sich diesem Thema annähert ohne von Beginn an Partei zu ergreifen. Es ist eine Gradwanderung und als solche ist es hier sehr gelungen, anhand eines Einzelfalls die Brisanz einer Medienpräsenz offenzulegen.
Die Geschichte ist schnell erzählt und mit Melanie auf der einen Seite als Mutter und Youtuberin sowie Clara der Polizeibeamtin treffen auch zwei unterschiedliche Lebenswege aufeinander. Beide sind aus der Generation „Big Brother“ und doch so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Während Melanie ganz in ihrer Rolle als liebende Mutter aufgeht und diese Liebe mit allen Menschen auf der Welt teilen möchte, ist Clara ganz die sachliche Ermittlerin und Analytikerin.
Mir persönlich hat Clara sehr gut von der Charakteristik gefallen und ich konnte mich auch gut mit ihr identifizieren. Melanie dagegen ist mir die ganze Zeit über sehr fremd geblieben, zu ihr konnte ich keine Verbindung herstellen.
Auch das Wort teilen hat für mich noch einmal eine ganz neue Bedeutung gekommen. Melanie möchte mit allen Menschen etwas teilen und zieht anhand der Likes, den Followern den Rückschluss, wie groß die Liebe der Menschen zu ihr ist. Sie zieht daraus ihre komplette Wertigkeit und letztlich auch Daseinsberechtigung. Aus meiner Sicht benutzt sie ihre Kinder, um diese Liebe von fremden Menschen einzufordern.
Clara dagegen ist autark und selbstbewusst. Auch wenn sie von der Aufmerksamkeit anderer abhängig ist, so erwirbt sie diese Aufmerksamkeit und Zuwendung durch Leistung. Ihre Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft sind extrem hoch. Dafür opfert sie auch ihr Privatleben.
Auch wenn die beiden Kinder Kimmy und Sammy im Mittelpunkt stehen, so sind sie dennoch außen vor. Erst zum Schluss des Buches, ergibt sich ein Bild dazu, wie die Medienpräsenz die Kindheit und Jugend von beiden beeinflusst hat.
Der Bruch zwischen dem ersten Teil des Buches, der sehr ausführlich die Situation der Kindesentführung beschreibt und analysiert und dem Abschluss mit den Auswirkungen auf die Psyche der beiden Kinder ist deutlich spürbar und wirkte auf mich etwas hart. Auch wenn die formale rechtliche Seite von Kinderarbeit erwähnt wird, so ist diese nur ansatzweise in dieser Erzählung integriert.
Während es im ersten Teil doch einige Längen gab, war mir der Schluss zu abrupt. Hier fehlte mir noch etwas in der Aufarbeitung der beiden Kinder. Sie kamen mir wie zwei fallende Blätter im Wind vor.
Fazit
Ein sachliches Thema in einem Roman aufzuarbeiten finde ich persönlich sehr schwierig und so bin ich auch hier zwischen den sachlichen Fakten und den Beschreibungen zu den einzelnen Situationen hin und her geschwankt. Es ist schwierig gewesen, zu den Protagonisten eine Beziehung aufzubauen und die Emotionen hervorzulocken.
Insgesamt ein Roman mit einigen Höhen und Tiefen.

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