Traurige, aber reale Geschichte

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emmmbeee Avatar

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Dass soziale Medien und mit ihnen YouTube heutzutage eine Macht ausüben, die alles Bisherige übersteigt, ist bekannt. Dass dieser Macht auch jüngere Eltern verfallen, ist logisch. Dass die ersehnte Aufmerksamkeit aber auch ihre Kehrseite hat, zeigt Delphine de Vigan im vorliegenden Roman.
In diesem Fall ist es die wohlmeinende Mutter Mélanie, die das in ihrer eigenen Jugend Versäumte nachholen und via Blog ihren Kindern die Segnungen öffentlicher Anerkennung zukommen lassen möchte. Klarerweise sind ihre Sprösslinge nicht gleichermaßen erfreut darüber. Besonders die Tochter sträubt sich gegen das Drehen der Videos. Und dann verschwindet das Kind spurlos.
Durch die Polizistin Clara Roussel, welche mit der Aufklärung des Falles betraut worden ist, erhalten wir Leser nach und nach Zugang zu dem, was geschieht und bisher geschah. Und es ist erschreckend, was alles zutage kommt. Alles ist so real, so nahe, so in unserm eigenen Umkreis möglich. Zu Königen wollen Eltern wie Mélanie ihre Kinder erheben, aber letztlich sind die Absichten nicht zum Wohl dieser Könige. Im Gegenteil: Was wird den Kindern mit dieser Erhebung zu Stars eigentlich alles angetan!
Vigan schreibt immer sehr fundiert über ihre fast immer heiklen Themen. Ihre Texte lesen sich locker-leicht, trotz aller Problematik: Ich mag ihren Stil seit jeher.
Das Cover sagt wenig über den Inhalt des Buches aus. Die Figur könnte genauso gut eine ungelenk dastehende junge Frau wie ein Kind sein und sollte wohl ein Mittelding darstellen.