Kleine Gesten heilen Wunden

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meldsebjon Avatar

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Obwohl Gretas Mann Gustav seit inzwischen sechs Jahren vermisst ist, kann sie sich immer noch nicht damit abfinden, dass er nicht mehr wieder kommen wird. Sie weigert sich, sich Witwe nennen zu lassen und weint regelmäßig vor Kummer. Einzig Tochter Gisi kann ihr Mut geben, ansonsten lebt sie in ihrem Elternhaus zusammen mit Schwester und Schwager und führt diesen Haushalt. Aus reinem Zufall gerät sie in eine Ausbildung zur Erzieherin und beginnt tatsächlich aufzublühen. Nicht nur die Arbeit und die neue Freundin Melanie locken sie aus ihrem Schneckenhaus, sondern auch der Lehrer, den sie dort kennenlernt. Gelehrt wird die sogenannte "Reformpädagogik", die die gewaltfreie Erziehung als Grundbaustein hat und die aus heutiger Sicht selbstverständlich ist. Damals war das ein völlig neuer Ansatz, der nicht wirklich funktionieren konnte, solange noch Pädagogen vom "alten Schlag" am Ruder waren. In der damaligen Zeit konnte die Idee sich nicht durchsetzen, aber auch damals schon gab es einzelne Gesten, die unmittelbaren Erfolg da hatten, wo Gewalt versagte. Genau diese Erfahrung macht Greta und mit ihr einige kleine Jungen aus dem Kinderheim.
Ein Aspekt der Zeit vor etwa hundert Jahren, der mir neu war wird hier sehr anschaulich dargestellt. Es fehlt auch nicht der Einblick in die damals aktuelle Politik und in die Entwicklung hin zum ersten Weltkrieg. Ein toller Roman mit viel gelebter Geschichte, manchmal mit etwas zu viel Erfolg der kleinen Gesten um tatsächlich in jeder Beziehung realistisch zu sein, aber trotzdem einfach schon zu lesen und spannend geschrieben!