Die Königin der Orchard Street

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raschke64 Avatar

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Mit ihrer russisch-jüdischen Familie wandert Malka nach Amerika aus. Eigentlich sollte es nach Südafrika gehen, doch der Vater tauscht die Schiffskarten ein und so landet die Familie in New York, sehr zum Ärger und Entsetzen der Mutter. Sie kommen in einer typischen Einwanderermietskaserne unter und die die Eltern suchen sich Arbeit. Auch die Kinder sollen Geld verdienen. So beginnt Malka zusammen mit ihrer Schwester zu singen und kleine Arbeiten auf der Straße zu übernehmen. Auf der Straße hat Malka einen Unfall, sie wird von einem Pferdewagen überfahren. Der Fahrer ist Mr. Dinello – ein Eishersteller und –verkäufer. Der kümmert sich um Malka, die zuerst im Krankenhaus landet. Ihre Familie kümmert sich nicht um sie, denn Malkas Bein wird nie wieder in Ordnung kommen und Malka kann kein Geld verdienen. Inzwischen hat der Vater die Familie auch verlassen. So wächst Malka – die sich später katholisch taufen lässt und den Namen in Lillian ändert – bei der italienischen Familie Dinello auf und lernt das Eis machen von der Pieke auf. Doch trotz allem wird Lillian nie ein vollwertiges Familienmitglied bei den Dinellos und bleibt auf ihre Art immer eine Außenseiterin …
Das Buch hat mir richtig gut gefallen. Malka/Lillian erzählt in der Ich-Form über ihr Leben. Immer im Wechsel von ihrem „hohen“ Alter aus in Rückblenden von ihrer Kindheit, Jugend, später ihrer Heirat und dem Leben mit ihrem geliebten Mann Bert und natürlich vom Aufbau ihres Eis-Imperiums, mit dem sie zu Amerikas „Eis-Königin“ wird. Sie erzählt ehrlich über ihre Freuden, ihre Vorstellungen und ihre Kämpfe um Anerkennung, die sie als nicht hübsche und behinderte Frau hat, deren Arbeit lange nicht anerkannt wird und die es schwer hat, sich mit ihren guten Ideen durchzusetzen. Sie wird oft von den Geschäftsmännern nicht für voll genommen und muss einige Tricks einsetzen. Auch im privaten Leben ist sie nicht immer ganz ehrlich und macht einige mehr als nicht legale Sachen. Dabei hat sie einen herrlichen Humor und viel (Selbst)Ironie, so dass das Lesen zu einem richtigen Vergnügen wurde. Nebenbei erfährt man viel vom Leben in Amerika von der Einwanderung zum Anfang des 20. Jahrhunderts über den 1. und 2. Weltkrieg und vom Aufbau einer Firma, aber auch von dem möglichen schnellen Niedergang bei Fehlern. Malka ist eine starke Frau, die vor allem an Ende zu ihren Fehlern steht und die Konsequenzen zieht. Das ganze Buch durchzieht ein „Aroma“, man meint förmlich, das Eis zu riechen und zu schmecken – dabei ist es aber auch unheimlich warmherzig und witzig.