Mittelprächtiger Blick in die Goldenen Zwanziger

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Frau Roth-Lyne-Lobato-Klausen u. a. setzt hier einer in Vergessenheit geratenen interessanten Frau ein mich nur teilweise überzeugendes Denkmal: Schauspielerin Carola (Karoline) Neher, die als "Königin von Berlin" bekannt gewordene erste "Polly Peachum" aus Bertolt (Eugen) Brechts "Dreigoschenoper".
Obwohl die Autorin es in ihrem Vorwort ausdrücklich abstreitet, trägt dieser Roman deutliche biografische Züge, vgl. Wikipedia. Neben einem Nachwort gibt es auch ein informatives Glossar und ein Lesebändchen.
Nach den mich nicht überzeugenden Lobatobüchern schließt dieses Buch zwar an die meinen Geschmack eher treffenden Lynebücher und (einige) Rothbücher an, -weist jedoch leider auch Schwächen auf:
M. E. ist der Focus zu wenig auf die Titel"heldin" und ihre Arbeit gelegt und gleitet trotz einiger Bezüge auf den politischen Hintergrund zu sehr auf die amourösen und teilweise sadistisch bzw. masochistisch anmutenden Beziehungen mit dem Egomanen Brecht und dem nahezu unerträglich verächtlich behandelten treuen kranken ersten Ehemann Alfred Georg Hermann „Fredi“ Henschke, genannt Klabund (Mischung aus "Klabautermann" & "Vagabund") ab.
Auch die im 50 Jahre später angesiedelten provinzlerischen zweiten Handlungsstrang erzählte Pseudo-Romanze erscheint mir verzichtbar.
Viele einstmals große Namen werden erwähnt: Lotte Lenya, Kurt Weill, Frank Wedekind, Lion Feuchtwanger, Elisabeth Bergner, Friedrich Hollaender, Fritzi Massary, Marlene Dietrich...
Insgesamt ein interessantes Buch über interessante Menschen, was aber noch viel "Berliner Luft" nach oben zeigt.