Zwei Ex-Insassinnen starten neu

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Im gesetzteren Alter hat man es heutzutage schwer, einen Job zu finden. Wenn dazu das polizeiliche Führungszeugnis Einträge vorweist, ist es nahezu unmöglich. Irene und Bea sehen nach der Entlassung aus dem Gefängnis keine Möglichkeit als sich selbstständig zu machen. Das, was sie am besten können, ist Autofahren. Außerdem wollen sie anderen zu einem besseren Leben verhelfen. Was großmütig klingt, ist dann aber kleines Unternehmen, das Frauen von ihren Männern, Chefs oder anderen unangenehmen Zeitgenossen befreit.

Max Urlacher verliert keine Zeit, seine Figuren vorzustellen. Die Mittfünfzigerinnen stehen vor einem Existenzproblem und finden eine Geschäftsidee, die sich sogar ausbauen lässt. Der Toyota Aygo passt zu den Auftragsmorden wie der Kühlschrank in die Arktis. Aber langsam bekommen die Damen immer mehr Aufträge, sodass auch ein gebrauchter Polo dazu kommt. Die Vorstellung enthält schon einiges an Witz. Trotz der offensichtlich skrupellosen Herangehensweise an die Lösung mancher Probleme hat man Verständnis für die Frauen. Die Dialoge sprühen ebenfalls vor pragmatischen Schlussfolgerungen, die nicht alltäglich sind. Wie im Prolog schon erwähnt, ist das Leben wohl tatsächlich bunter als eine Rolle Haribo. Darauf muss man sich einlassen, um Bea und Irene nachfühlen zu können.

Der Berliner Schauspieler und Drehbuchautor kann mit dieser temporeichen Handlung sein Geschick für bildhaftes Beschreiben beweisen. Immer hatte ich beim Lesen ein klares Bild der Umgebung vor Augen und sogar leichte Mimikveränderungen blieben nicht verborgen. Dafür muss man aber keine ellenlangen Texte lesen. Allerdings ist hier vielleicht auch die Schwachstelle des Romans zu sehen. Ich bin mit dem Lesen dermaßen schnell gewesen, dass ich am Ende das Gefühl hatte, es fehlt etwas. Dabei waren alle aufgenommenen Fäden verknüpft. Während des Zurückblätterns und stellenweisem Neu-lesen fällt auf, dass zwar die Haupthandlung wie ein Film abläuft, es aber wenig Raum für die Nebenhandlungen gibt. Das Emotionale fällt dabei fast ganz aus. Das ist bei einem derartigen Genre eigentlich nicht zwingend notwendig, aber dafür ist die Besetzung zu sehr auf Frauen konzentriert. Damit gerät das Verhältnis Action und Emotion ins Ungleichgewicht. Das Niveau des starken Auftakts kann leider nicht bis zum Ende gehalten werden. Aber das ist ja immer die Gefahr, wenn etwas außergewöhnlich gut beginnt.

Dennoch bieten die 200 Seiten einen hohen Unterhaltungswert und haben mir eine Zugfahrt verkürzt. Wer witzige, leichte Krimis mit skurrilen Figuren mag, hat mit „Die Königin von Lankwitz" viel Spaß.