Kameradinnen

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miro76 Avatar

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Die Kriegerin bekommt erst ganz spät im Buch einen Namen, denn das ist es, worauf sie vorerst reduziert wird. Sie ist stark, unverwundbar und macht, was sie will. Zumindest ist es das, was Lisbeth in ihr sieht.

Die Kriegerin ist alles, was Lisbeth nicht ist. Denn Lisbeth ist schwach, wehrt sich nicht, wenn es drauf ankommt und nicht einmal ihre Haut ist eine schützende Barriere zur Umwelt. Immer wieder blüht die Neurodermitis so stark, dass sich Lisbeth blutig kratzt. Immer dann, wenn ihr alles zu viel wird.

So kommt es, dass Lisbeth alles zurücklässt und auf einem Kreuzfahrtschiff anheuert. Wortlos verlässt sie Mann und Kind.

Damit rührt Helene Bukowski an einen Tabuthema. Wie kann eine Mutter ihr Kind verlassen! Doch wenn man Lisbeth unvoreingenommen folgt auf ihrer Reise durch die Welt und ihrer Suche nach Vergebung, dann lernt man eine zutiefst verletzte Frau kennen, der Narben bis in die Kindheit zurückreichen.

Die Kriegerin lernte sie bei der Bundeswehr kennen, doch auch diesen Weg konnte sie nicht zu Ende gehen. Aber eine Verbindung blieb, denn Lisbeth träumt die Träume ihrer Freundin. Auch die Geschichte der Kriegerin birgt einige Brüche und sie trägt schwer an ihrem Schicksal.

Wie bereits mit ihrem Debüt "Milchzähne" überzeugt Helen Bukowski auch hier mit einem intensiven Leseerlebnis. Ihre direkte, schnörkellose Sprache vermittelt die Härte des Alltags ihrer Protagonistinnen ungeschönt und erzeugt einen Lesesog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Die Autorin hat mich quasi an der Hand gepackt und führt mich in rasantem Tempo durch diese beiden Leben, öffnet mir die Augen für Verletzlichkeit und zeigt mir, wie wichtig es ist, sich selbst zu vergeben.

Eine großartige Geschichte über zwei eigenwillige Frauen, die einen unüblichen Weg gehen!