Roman über die Verwundbarkeit

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schneespur Avatar

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Im Zentrum von Helene Bukowski's „Die Kriegerin“ stehen zwei Frauen, Lisbeth und die Kriegerin, die sich bei der Bundeswehr kennenlernten und die sich seitdem nahe stehen. Die Handlung beginnt eine ganze Weile, nachdem Lisbeth aus dem Dienst ausgeschieden ist und in einem Blumenladen arbeitet. Sie lebt zusammen mit ihrem Freund und ihrem gemeinsamen Kind, als sie es plötzlich eines Tages nicht mehr aushält und ohne Ankündigung oder Erklärung alleine an die Ostsee fährt. Dort trifft sie die Kriegerin wieder, die dort aufgewachsen ist.

Auch für den Leser kommt der plötzliche Aufbruch Lisbeths an die Ostsee überraschend. Es gibt keinen inneren Monolog, der die Situation erklärt. Nach und nach werden das weitere Leben Lisbeths sowie ihre Vergangenheit beschrieben, so dass man Leser langsam versteht, welche Wendungen Lisbeths Leben genommen hat und wieso ihr das scheinbar typische Zusammenleben plötzlich so schwer gefallen ist. Der Austausch mit der Kriegerin spielt dabei eine entscheidende Rolle, da sie Lisbeth am besten zu kennen scheint und Lisbeth sonst fast keine anderen Menschen in ihr Leben lässt, sondern sich recht stark nach außen hin abschottet. Beide Frauen versuchen sich nicht verwundbar zu machen.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Der Aufbau des Romans fand ich sehr gelungen, wie man als Leser zunächst nur Bruchstücke erhält und Stück für Stück Lisbeth immer greifbarer wird und man sich umso mehr in sie hineinversetzen kann, als man ihre Geschichte kennenlernt und versteht, wie ihre Neurodermitis, ihre Sensitivität und ihre Gewalterfahrung ihr Leben beeinflusst haben. Der Verzicht auf inneren Monolog und der eher nüchterne Stil lassen Situation, die sonst sehr emotional sein könnten, eher zurückgenommen wirken. Tatsächlich fand ich das bei diesem eher schwierigen Thema sehr passend und es hat auch sehr gut zu den beiden Frauen gepasst, die ihre Gefühle auch lieber für sich behalten als sie mit anderen zu teilen.