Eines der besten Bücher in 2016!

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fuechslein Avatar

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"Die langen Tage von Castellamare" ist die Geschichte der Familie Esposito. Sie beginnt mit der heimlichen Abgabe des Findelkindes Amedeo im Waisenhaus von Florenz im Jahre 1875. Als Leser begleiten wir Amedeo und seine Nachkommen bis in die Gegenwart. Auf der kleinen fiktiven Mittelmeerinsel Castellamare vor der Küste Siziliens ist das Leben der Familie Esposito eng mit der Entwicklung der Insel und ihrer Bewohner und mit dem großen Weltgeschehen verbunden. Auch wenn es auf den ersten Blick scheint, als würde Castellamare so weit fort von Allem liegen, dass die Bewohner hier in ihrer jahrhundertealten Tradition immer so weiterleben, wie bisher, hinterlassen große Ereignisse auch ihre Spuren auf Castellamare. Weltkriege lassen Söhne der Insel nicht zurückkehren, spülen aber neue Figuren an den Strand der kleinen Insel und auch der technische Fortschritt findet seinen Weg nach Castellamare. Hier wird jedes Jahr das Fest der heiligen Agatha, der Schutzheiligen der Insel, begangen. Mitten in dieses Fest platzt Amedeo, der es geschafft hat, als Waisenkind Medizin zu studieren und sich nun als Arzt auf der Insel niederlässt. Mit im Gepäck hat er sein Geschichtenbuch, in das er seit seiner Kindheit Geschichten einträgt, die andere ihm erzählen und die ihn faszinieren.

Wir erfahren in diesem Buch sehr viel über die italienische Lebensart. Auf der Insel wird geliebt und gestritten, gefeiert und getrauert, Freundschaften und Feindschaften werden über Jahrzehnte aufrecht erhalten und über allem scheint der Geist der heiligen Agatha zu schweben. Wir begleiten Amedeo, seine Kinder, Enkel und Urenkel, haben teil an ihren persönlichen Triumphen und Niederlagen. Die Familie lebt im "Haus am Rande der Nacht", einem Café, das zum Mittelpunkt der Ereignisse wird.

Die Geschichte lebt vor allem von ihren vielen kleinen Details und liebenswerten Figuren, die alle ihre Ecken und Kanten haben. Niemand ist perfekt, aber alle haben ihre kleinen Träume und Wünsche, und in der Familie Esposito ist man bereit, viel dafür zu tun, dass diese wahr werden. Auch viele der anderen Inselbewohner habe ich im Laufe der Geschichte ins Herz geschlossen. Am Ende des Buches kam Wehmut auf, als ich das "Haus am Rande der Nacht" wieder verlassen musste.

Wer wundervoll gewobene Geschichten liebt, wird hier bestens unterhalten. Das Buch ist gut recherchiert, was den historischen Hintergrund angeht, und überzeugt mit einer wohlformulierten, wunderbar leicht zu lesenden Sprache. Man bekommt Sehnsucht nach der Insel ... Einziges Manko: Es gibt kein Verzeichnis über die Lebensdaten der vielen Nebenfiguren. Sie sind zwar alle unverwechselbar, aber bei einigen hatte ich das Gefühl, sie würde ewig leben und nie altern. Und das schöne Foto auf dem Cover zeigt leider keine der Figuren der Geschichte. Das schmälert aber nicht das Lesevergnügen. Also am besten nicht auf die beiden Mädchen warten, einfach in die Geschichte abtauchen und genießen.

Fazit: eines der besten Bücher, das ich in letzter Zeit gelesen habe. Eindeutige Leseempfehlung und 5*****