Einmal sterben? Kann ja jeder!

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"Man stirbt, dann stirbt man weiter und dann noch ein bisschen, bis man schließlich vollkommen tot ist - oder auch nicht, das kommt darauf an."

Jim Byrd erleidet mit seinen jungen 30 Jahren einen Herzstillstand und ist für mehrere Minuten klinisch tot. Was er in dieser kurzen Phase des Totseins sieht? Absolut gar nichts. Das stürzt ihn zunächst in eine Sinnkrise, doch dann begegnet er seiner Jugendliebe Annie, und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach den Antworten auf die großen Fragen des Lebens - und des Todes.

Am Anfang mutet dieses Buch irgendwie merkwürdig an. Man erlebt Jims Wiederbelebung im Krankenhaus, dann geht sein Alltag weiter - und plötzlich stolpert man von einem tiefenpsychologischen und philosophischen Gespräch ins nächste. Die Qualität dieser Gespräche lernte ich erst im Laufe des Buches zu schätzen, denn da werden wirklich wichtige Dinge verhandelt, die zwar immer um das Thema Tod (und Leben) kreisen, aber eigentlich nie die Klischees von "Leb im Hier und Jetzt" und "Der Tod gehört eben zum Leben dazu" usw. bedienen.

Aber nicht nur die Gedanken, die die Figuren in diesem Roman austauschen, sind erfrischend, sondern auch das, was ihnen passiert. Da gibt es verrückte Maschinen, die einem das Leben nach dem Tod zeigen (eines meiner Highlights im Buch), Hologramme besiedeln die Welt und gehören bald zum Normalzustand - und dann gibt es eine wunderschöne Liebesgeschichte, die so herrlich positiv ist, dass es das Herz erfreut. Keine großen Dramen, kein von vornherein abzusehendes Scheitern - einfach nur Liebe. Und das gönnt man Annie und Jim so richtig.

Auf einer anderen Zeitebene verfolgt man verschiedene Leben, die mit Jims Nachforschungen zu Geistern und zum Leben nach dem Tod in Verbindung stehen. Diese Episoden sind manchmal ziemlich verwirrend aufgebaut - bis ich mir dann beinahe am Ende des Buches zusammengereimt habe, dass wir hier das Jenseits besichtigen. Das sind keine Rückblenden, sondern tatsächlich die Leben nach dem Tod! Glaube ich jedenfalls...

Das Buch lässt definitiv keine eindeutige Lesart zu. Aber es regt die Gedanken ungemein an und steigert sich zu einem verrückten Trip hin zu einer Maschine, die die Grenzen zwischen Existenz und Nichtexistenz auflöst. In seiner Schrulligkeit und unerwarteten Tiefgründigkeit konnte mich "Die Leben danach" ziemlich überzeugen, und ich habe so einige (vielleicht verrückte) Gedanken daraus mitgenommen, die definitiv die Sicht auf die Welt, das Leben und den Tod verändern.