Wortgewaltig und geschichtsträchtig

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mafri05 Avatar

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Februar 1905: Sina Krasnowa flüchtet mit Ihren beiden kleinen Kindern Jelena und Pawel überstürzt aus Gorbatow, ihr Ehemann Viktor und zwei weitere Männer sind soeben von einem aufständischen Mob ermordet worden.
Für die zweijährige Jelena beginnt eine Flucht über Jahrzehnte, ein Gefühl, dass sie nie wieder loslassen wird.

Berlin 2017: der Filmemacher Konstantin Stein arbeitet derzeit an einer Geschichte über einen Tennisspieler, der aus seinem Heimatland flüchten musste und sich seither als Tennislehrer über Wasser hält.
Irgendwie will diese Geschichte aber nicht so recht ins Laufen kommen, ein Produzent springt ab und will die Geschichte nicht verfilmen.

Im weiteren Verlauf wird Konstantin Stein immer wieder mit der Lebensgeschichte seiner Mutter, aber vor allem seiner Großmutter Elena Silber (= Jelena Krasnowa) konfrontiert, langsam aber unaufhaltbar entdeckt er das Interesse an seinen Wurzeln und beginnt zu forschen. Vielleicht ist es nicht die Geschichte des geflüchteten Tennislehrers, die ja nicht so richtig in Gang kommen will, sondern gerade die Geschichte seiner eigenen, aus ihrer Geburtsstadt geflüchteten Großmutter, die erforscht werden muss?

Flucht, Verstrickungen, NS-Regime, Rückkehr, zurechtgebogene "Wahrheiten" bestimmten das Leben der Elena Silber. Alexander Osang hat einen wortgewaltigen Roman geschaffen, der packend und fesselnd zugleich ist.

Eines muss aber vorab gesagt werden: es handelt sich nicht um eine "Ferienlektüre", die so nebenbei gelesen werden kann, immerhin hat das Buch über 600 Seiten. Man muss sich diesem Buch eingehend widmen, vor allem am Anfang des Buchen, wenn die einzelnen Kapitel in den Jahrzehnten hin- und herwechseln. So musste ich nicht nur einmal ein paar Seiten zurückblättern, um den Gesamtzusammenhang bzw. die Handlungen in den einzelnen Jahrzehnten wirklich zu verstehen.

Auch die Figuren hat Alexander Osang meiner Meinung nach einmalig entwickelt, von Kapitel zu Kapitel erfährt man mehr zu Persönlichkeit und Denkweisen der einzelnen Personen und schlussendlich entsteht ein Gesamtbild verschiedener Persönlichkeiten, die man glaubt, nun wirklich zu kennen.

Fazit: Ich kann dieses Buch absolut weiterempfehlen, es hat mir sehr, sehr gut gefallen!