Die Vergangenheit holt einen immer ein

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Tatort Eschborn, Mittwoch, 19. Dezember 2012, gegen 8 Uhr morgens: Eine alte Frau, die mit ihrem Hund Gassi geht, wird mit einem Gewehr erschossen.

Zur gleichen Zeit packt Kriminalhauptkommissarin Pia Kirchhoff die Koffer für ihre Hochzeitsreise. In aller Stille hat sie ihren Zoodirektor, Christoph Sander, geheiratet. Doch dann erhält sie einen Anruf ihres Kollegen Oliver von Bodenstein, mit der Bitte, ihn am Tatort zu vertreten.

Anschließend lernen wir Karoline Albrecht kennen. Sie ist bei einer Unternehmensberatung als Managerin tätig. Da sie viel unterwegs ist, freut sie sich auf Weihnachten zuhause mit Mutter und Tochter Greta. Aber dazu kommt es nicht, denn ihre Mutter wird vor den Augen der Enkelin ebenfalls erschossen.

Waren die beiden alten Damen zur falschen Zeit am falschen Ort? Pia und Oliver glauben nicht an Zufälle. Doch wo ist die Verbindung? Erst das dritte Opfer des „Taunus-Snipers“ liefert das Motiv: Es geht um Rache. Doch es sind nicht die Toten, die sich schuldig gemacht haben, sondern deren Angehörige.

Mit „Die Lebenden und die Toten“ ist Nele Neuhaus ein großer Wurf gelungen. In ihrem siebten Fall geht es für die sympathischen Ermittler Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein nicht nur um das brisante Thema Organtransplantation an sich, sondern auch um Menschen, die für einen Angehörigen unter Druck die Entscheidung für oder gegen eine Organspende treffen müssen und hierbei von den Ärzten womöglich über den Tisch gezogen werden…

„Die Lebenden und die Toten“ ist eindeutig mehr als ein Regio-Krimi. Die Schauplätze liegen zwar weiterhin im Taunus beziehungsweise Rhein-Main-Gebiet, aber zum ersten Mal sind auch ein Fallanalytiker vom LKA und eine forensische Psychologin, Pias Schwester Kim, mit von der Partie. Mainstream mit all seinen Stärken und Schwächen, denn gleich an mehreren Stellen spritzt nun Blut und Hirnmasse irgendwohin, wie in einem amerikanischen Serienkiller-Thriller.

Die Anzahl derer, die als Täter in Frage kommen ist zwar überschaubar. Doch hier tut Nele Neuhaus alles dafür, den Leser in einen Strudel aus Gefühlen und falschen Fährten hineinzuziehen und so schnell nicht daraus entkommen zu lassen. Erneut lässt uns die Autorin in tiefe menschliche Abgründe blicken und hält bis zum Ende noch einige Überraschungen bereit.

Fazit: Endlich ein neuer Fall für Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein, wieder packend und routiniert in Szene gesetzt. Ein Buch mit Herzblut, das einen nachdenklich zurücklässt. 4,5*!