... sondern dieser Roman ist geradezu für den Strand gemacht

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elke seifried Avatar

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„Ich starre mein Spiegelbild an. Was hat die Yogalehrerin gestern Abend noch gesagt? Ich soll mit meiner Niere lächeln? Beim besten Willen. Das ist ein bisschen viel verlangt. Heute Morgen finde ich es schon anstrengend genug, überhaupt die Augen aufzuhalten. Von einem Lächeln, in welcher Gegend meines Körpers auch immer, kann vor zehn Uhr auf keinen Fall die Rede sein.“ Mit dieser Beschreibung wird man als Leser von der Ich-Erzählerin Sophie begrüßt und eilt mit ihr schon wenig später zu einem Job, der sie wenig glücklich macht. >>Ich wollte eigentlich Köchin werden und irgendwann mein eigenes Catering-Unternehmen haben. Aber die Vorstellung, dass seine Tochter nur eine Ausbildung zur Köchin macht, und das mit einem Abitur, hat meinen Vater unglaublich traurig gemacht. Und deshalb habe ich BWL studiert,…«. Etwas ziel- und lustlos durchs Leben gestolpert, hat sie daher als Zwischenlösung erst einmal einen Job als Empfangsdame angenommen. „Denn eine solche Einstiegsposition bei einem Unternehmen wie Triversal bot einem ja diverse Möglichkeiten. Meine Antwort auf alles. Ich war erst mal aus dem Schneider. Und mein Vater war sehr zufrieden damit, seinen Freunden am Samstag im Tennis Club erzählen zu können, dass seine Tochter bei Triversal in Hamburg arbeitete. Was genau sie da machte, musste ja keiner wissen. Tim war da zwar nicht ganz so genügsam, aber aktuell hatten wir diesbezüglich Waffenstillstand vereinbart.“ Dass sich tatsächlich ein solcher Einstieg bieten würde, hätte sie wohl selbst am allerwenigsten gedacht. Denn, »Ich hätte das ganz anders gemacht und finde diese Marketing-Ideen ehrlich gesagt extrem langweilig und beliebig, und ich halte überhaupt nichts von Kooperationen mit Fast-Food-Ketten, wenn es darum geht, eine romantische Liebeskomödie zu bewerben.«, einer frech, ehrlichen Meinung herausposaunt sei Dank, startet die große Karriere, nur was wird aus den Träumen?

Das wird auf keinen Fall verraten, vielleicht noch so viel: Man darf mit Sophie einen beruflichen Aufstieg erleben, der sie mir nicht unbedingt sympathischer gemacht hat, und dabei nicht nur in Hamburg, sondern auch beim Dreh in Dänemark jede Menge Filmluft schnuppern, muss sich mit ihr entscheiden, ob es mit Freund Tim eine gemeinsame Zukunft gibt oder ob vielleicht ein anderer den Platz in ihrem Herzen einnehmen darf und natürlich auch überlegen, ob die Träume vom Foodtruck nun wie Seifenplatzen geplatzt sind.

„Während meine Klassenkameraden sich nach der Schule cool und lässig rauchend in den dunklen Ecken unserer Kleinstadtparks herumdrückten, verbrachte ich jede freie Minute im Haushaltswarenladen von Frau Düsen und ließ mir jedes Messer, jede Rührmaschine, jede Backform und jedes Sieb erklären.“, schon früh hat sich der Traum von der Köchin bei Sophie eingenistet und deshalb wird in ihrer Geschichte auch viel geschlemmt. Man sollte also besser nicht hungrig essen. Ich hatte nicht nur einmal einen wässrigen Mund, wenn Dinge wie „Vier Gänge voller Herrlichkeiten. Spargelschaum mit Avocadosahne und kleinen karamellisierten Nüssen, eine kalte Melonentomatensuppe mit Sojasesamöl, dann in knusprigem Erdnuss-Teig gebackener Dorsch auf Gemüsepfanne und als Nachtisch Schokoladenmousse.“, oder „Dieses Essen! Ein Gedicht! Brathering mit Feta– wie kommt man auf so etwas! Und dann ist es natürlich ein würziger, weicher Feta, der einfach so auf der Zunge zergeht und der perfekt zu dem herzhaften, leicht süßlichen Geschmack des Bratherings passt.“, aufgetischt werden.

Der witzig, kurzweilige Sprachstil der Autorin macht diesen Roman zum idealen Buch für den Liegestuhl. Kopf ausschalten, entspannen und mit Schmunzeln einige romantische Stunden verbringen und dabei auch jede Menge schlemmen. Auch wenn beste Freundin Sasha meint, >>Doppelquadruppelromantisch!« und es auch einmal heißt, „… hatte ich mit noch mehr Strand gerechnet. Aber bestimmt nicht mit einem bärtigen, blauäugigen Traumhausbesitzer, einem braun-schwarz-weiß gescheckten Schlittenhund und einem Abendessen wie aus einem Kitschroman.“, wird die Romanze zum Glück nie zu kitschig und durch Sophies Innehalten ab und an, z.B. wenn ihr die Mutter so abgeht, »Die Zeit heilt alle Wunden« einfach nicht stimmen kann. Denn der Schlag in die Magengrube ist auch jetzt noch fast genauso heftig wie vor einem Jahr, immer wenn ich spontan zum Telefon greife, um ihr zu erzählen, dass mir das Vanille-Soufflé gelungen ist, um sie zu fragen, ob sie mit mir einen Kaffee trinken gehen will, oder um zu erfahren, welches neue Projekt sie an Land gezogen hat, und ich dann realisiere, dass ich sie nie mehr auf diesem Weg erreichen kann.“, oder es generell um Lebensträume geht, »seit deine Mutter gestorben ist, ist mir klar geworden, dass das Leben zu kurz ist, um immer nur Dinge zu tun, die einen eigentlich nicht glücklich machen. Diese Erkenntnis schien mir wichtig. Das wollte ich dir nur sagen.<<, sind auch ab und an ein paar Denkanstöße zu finden. Große Literatur darf man sich natürlich nicht erwarten.

Sophie, die eigentlich bodenständig ist, keine große Karriereambitionen hat und von ihrem Foodtruck träumt, mochte ich eigentlich gern. Dass sie sich zum Negativen entwickelt, als sie der Erfolg verwöhnt, hat mir zwar nicht so gut gefallen, vor allem dass dabei Claudio, der Kollege, der ihr zu Beginn noch so wichtig war, auf der Strecke bleibt, aber ich will ihr zu Gute halten, dass sie nicht blind dafür ist. Ihr Freund Tim ist zum Abgewöhnen, wer braucht schon jemanden, der einen ständig klein macht, aber vielleicht habe ich ja wirklich seine guten Seiten verpasst. Die Filmleute sind natürlich alle teils schrill und besonders, aber passen so gut zum Setting. Sehr gut hat mir auch die kleine Nebenrolle von Claudette, die Freundin von Sophies Mutter, die ihr so schrecklich fehlt, gefallen. Eine tolle warmherzige Frau.

Alles in allem fällt man mit diesem kurzweiligen Roman nicht vom Strand, sondern er eignet sich optimal für ein paar kurzweilige Stunden dort. Mit den richtigen Erwartungen ran gegangen, kann ich fünf Sterne schon noch vergeben.