Sehr sinnlich

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singstar72 Avatar

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Selten habe ich eine Leseprobe erlebt, die dermaßen „sinnlich“ war – im allerbesten Sinne!
Bekleidung, religiöse Riten und Gebräuche, Speisen, Düfte, und nicht zuletzt erotische Extravaganzen – das war eine wahrhaft opulente Schreibweise!

Der Vergleich mit der „Geisha“ von Arthur Golden liegt natürlich nahe. Auch diese wird als junges Mädchen verkauft, um eine Reise durch ihre Zeit anzutreten. Hier ist es nun eine kleine Koreanerin, die nach China gelangt.

Als Persönlichkeit bleibt die Kleine relativ blass; jedenfalls in diesem Anfangsteil des Buches. Doch das ist womöglich so gewollt. Wie eine Folie, eine Kamera, erzählt sie von ihrer Reise. Doch gerade durch ihre naive Sichtweise werden manche Kontraste umso augenfälliger.

Als Westler fragt man sich natürlich, wie groß kann der Unterschied zwischen China und Korea schon sein. Doch das zeugt von reiner Unwissenheit. Das kleine Mädchen beschreibt die Chinesen mit viel unverhohlener Neugier, aber auch Unverständnis. Es war die Zeit, als Männer noch Zöpfe trugen. Auch ihre Sprache hat auf das Mädchen sehr fremd gewirkt. Der größte Unterschied dürfte aber in der Religion bestanden haben. Die Chinesen opfern irgendwelchen bunten, fremdartigen Göttern auf dem Meer; das Mädchen stammt jedoch aus einem buddhistischen Land. Nicht umsonst wurde ihr geweissagt, sie sei der verkörperte Buddha Avalokiteshvara. (Die Tragweite dieser Aussage kann man kaum ermessen. Avalokiteshvara steht für unermessliches Mitgefühl; und sich dann ausgerechnet für eine Wiedergeburt als Frau zu entscheiden, zu jener Zeit… Respekt!)

Opulente Sagas aus Korea scheinen gerade in Mode zu sein. Erst unlängst erlangte „Pachinko“ von Min Jin Lee eine gewisse Berühmtheit. Auch hier geht es um die Geschichte Koreas im Kontrast zum restlichen Asien. Ich bin gespannt, inwiefern sich die „Lotosblüte“ hiermit vergleichen lässt.