Ein schweres Schicksal

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ascora Avatar

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Der Klappentext: Von der Stiefmutter verkauft, findet sich die 15 Jahre alte Shim Chong plötzlich als Zweitfrau eines alten Chinesen wieder. Lenhwa, Lotosblüte, heißt sie jetzt, und alles ist so furchtbar anders, als sie es gewohnt ist. Viel zu essen hatte sie nie, und Betteln war ihr täglich Brot, denn sie diente ihrem blinden Vater als Augenpaar, doch der Alltag in dem fremden Haushalt kommt ihr erst recht vor wie ein böser Traum. Als ihr Ehemann stirbt, wird ihr schmerzlich bewusst, dass dies für sie nur die erste Station einer Odyssee ist, die sie, als Handelsware missbraucht, von den Ufern des Gelben Flusses über Shanghai, Taiwan und Singapur bis in das Land der Geishas führen soll. Nach unzähligen sinnlichen wie schmerzvollen Erfahrungen entdeckt Shim Chong eines Tages die Macht ihres Körpers und nimmt ihr Leben in die eigenen Hände.
Der Autor Hwang Sok-Yong nimmt sich in seinem historischen Roman Die Lotosblüte der Thematik der Zwangsehen, der Prostitution und des Opiumhandels an und entführt den Leser nach Ostasien. Man begleitet Shim Chong von ihrer Heimat Korea zu ihren Eheherren nach China und schließlich bis nach Japan. In jedem Land werden die Kultur und die Geschichte äußerst anschaulich und lebendig dargestellt und auch dem europäischen Leser nahegebracht. Tatsächlich beruht die Geschichte Shim Chongs auf einen koreanischen Mythos und wurde schon mehrfach umgesetzt und steht stellvertretend für das Schicksal unzähliger junger Frauen, gerade aus armen Verhältnissen.
Erzählt wird die Geschichte in der dritten Person und die Sprache ist sehr bildhaft und ausgeschmückt in den Beschreibungen, fast schon episch – man muss sich tatsächlich erst ein wenig einlesen, zum Glück erleichtert aber ein Glossar wenigstens die Verständnis der wichtigsten Namen und Begriffe. Aus meiner Sicht ist der Roman gut recherchiert und stellt die Kultur in Ostasien im 19. Jahrhundert authentisch dar. Ohne das Schicksal von Shim Chong zu verklären oder zu beschönigen wird die Sklaverei, der sexuelle Missbrauch und die gesellschaftlichen Verhältnisse sehr anschaulich erzählt.
Wenn man sich auf den recht epischen Schreibstil einlässt, erlebt man die Geschichte einer jungen Frau und begleitet sie durch ihr teilweise sehr beschwerliches und ungewöhnliches Leben. Man bekommt einen kleinen Einblick, in eine für uns Europäern eher unbekannte Kultur und Geschichte eines faszinierenden Landes. Allerdings ist dieser Roman keine unbedingt leichte Kost für zwischendurch.