Male den Ort, wenn Du ihn am meisten brauchst

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kleine hexe Avatar

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Das Buch ist ein wunderschönes Porträt der Malerin Signe Munch Siebke
Lena Johannson hat ein großartiges Buch über eine Malerin geschrieben, von der heute kein einziges Bild erhalten ist. Dafür haben die deutschen Besatzer in Norwegen gründlich gesorgt. Das Buch setzt ein kurz nach Signes Scheidung von einem Berufsoffizier und ihre ersten Schritte in die Selbständigkeit. Sie besucht Malkurse, erhält Malstipendien in Paris und Kopenhagen, bereitet endlich ihre ersten Bilder für eine Ausstellung vor. Signe Munch ist aber nicht nur sie selbst. Sie ist nämlich die Nichte des Malers Edvard Munch und die Tochter der Schriftstellerin Anna Munch. Immer wieder muss sie feststellen, dass andere Maler nur wegen ihres berühmten Onkels ihre Nähe suchen. Wie Signe diese Enttäuschungen überwindet und sich durch nichts von ihrem Weg abbringen lässt, beschreibt Johannson meisterhaft. Wie sich Birger Lasson Signe immer wieder anbiedert, um entweder durch sie an ihren Onkel zu kommen oder von ihren Kontakten in der Osloer Künstlerszene zu profitieren und später sich der deutschen Besatzung anbietet, ist ein gelungener Schachzug der Autorin. Denn dadurch wird Signes Haltung und Empfinden vor unseren Augen noch klarer dargestellt. Der komplette Gegenpool zu Birger Larsen ist Einar Siebke, Signes zweiter Ehemann. Ihn heiratet sie aus Liebe und nicht um ihrem Vater einen Gefallen zu tun. Einar ist das Gegenteil sowohl ihres gefühlskalten ersten Ehemannes aber auch von Birger Lasson. Er hat Verständnis für ihre Malerei, betrachtet das nicht als Zeitvertreib oder Kleckserei, unterstützt sie, erwartet nicht von ihr ihm den Haushalt zu führen, bietet ihr Freiräume, um ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Fast schon zu gut um wahr zu sein. Die Liebe der beiden, Signe und Einars ist wunderschön. Umso brutaler und sinnloser erscheinen Einars und Signes Verhaftung und der Tod der Liebenden. Aber obwohl neutral, wurde Norwegen von der Wehrmacht besetzt und wie überall wo deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg hinkamen, setzen von Anfang an Repressalien und massive Ausbeutung ein. Signe und Einar gehören zu den Opfern dieser Politik. Andere hingegen profitieren davon, so wie Birger Lasson oder der berühmte Schriftsteller und Nobel-Preisträger Knut Hamsun.
Beeindruckend fand ich durch das ganze Buch hinweg, wie Lena Johannson uns Signe nahebringt. Sie ist eine Frau, die ihre Berufung zur Malerei erst spät entdeckt und auch die wahre Liebe. Signe ist zurückhaltend, schüchtern, pragmatisch, bodenständig, Rückschläge gewohnt. Aber sie lässt sich nicht unterkriegen, geht unbeirrbar ihren Weg. So wie Signe Munch Siebke in diesem Buch dargestellt wird, könnte sie wirklich gelebt, geliebt und gelitten haben. Johannson lässt sie uns voller Leben entgegentreten und uns ans Herz wachsen.
Der Roman ist in einer einfachen schlichten Sprache geschrieben, ohne viele sprachlichen Bilder. Vielleicht als Gegensatz zum Inhalt des Romans: es werden Signes Bilder beschrieben, wie sie sich in ihre Arbeit vertieft, die bei einem bestimmten Bilderzyklus sich schon fast ins Obsessive steigert. Wozu dann eben auch sprachliche Bilder? Ich denke diese Austerität wird dem Roman sehr gerecht.