Signe Munch toll getroffen, aber absolut mitreißend geht anders

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elke seifried Avatar

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Ich interessiere mich für Kunst, habe auch schon einige der Bücher aus der Reihe um bedeutende Frauen regelrecht verschlungen, ganz so begeistern, konnte mich aber dieser historische Roman über Signe Munch, eine mir bis dato völlig unbekannte Künstlerin nicht.

Man lernt Signe Munch im Jahr 1922 kennen. Gerade hat Signe ihre Scheidung hinter sich und kann endlich ihrer großen Leidenschaft dem Malen nachgehen. Talent hat sie auf jeden Fall, und das will sie nicht nur für einen Zeitvertreib vergeuden. Als Hörer begleitet man sie auf ihrem Weg und erfährt in Erinnerungen auch ein wenig von ihrer Kindheit und ersten Ehe. Sie nimmt Unterricht bei Pola Gaugin, Gaugins Sohn, erlernt die Grundlagen. Man bewegt sich mit ihr in der schillernden Osloer Bohème, man begleitet sie auf Reisen, die ihr Stipendien ermöglichen, man erfährt viel über das Malen, verschiedene Techniken und ihre schwierige Stilsuche. Zudem bekommt man einen kleinen Einblick ins Leben ihres Onkels Edvard Munch. Ziemlich lange bestimmt das Malen ihr Leben und ihr Denken und so auch den Roman. Das ändert sich, als sie Einar kennenlernt und erfährt, dass Liebe und Kunst sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Eine Kehrtwende macht die Geschichte noch einmal als der Zweite Weltkrieg auch Norwegen erreicht und ihr Leben noch einmal völlig auf den Kopf stellt.

Die Rolle der Frau nicht nur im Allgemeinen, sondern auch in Künstlerkreisen wird wirklich gelungen beleuchtet. Als Leser bekommt man eine tolle Vorstellung davon geboten, wie schwer es zu dieser Zeit für Frauen war, sich in der Kunstszene durchzusetzen, „Küche fängt doch auch mit K wie Kunst an. Ebenso schwierig ist es seinen eigenen Stil durchzusetzen, Hausmannskost, ist gefragt. Von der Kunst leben können, allgemein kein leichtes Unterfangen, für Frauen noch viel schwerer, trotzdem oft das Vorurteil, sie würden es leichter haben, weil sie ja nicht für den Lebensunterhalt sorgen müssen. Signe Munch ist eine Frau, die vom Frauenbild der Vergangenheit geprägt ist, oft noch in altem Rollenverhalten feststeckt, und schwer damit zu kämpfen hat, nicht immer nur Erwartungen erfüllen zu wollen.

Die Autorin hat mit Sicherheit brillant recherchiert und sie hat eine Romanbiografie geschaffen, die Signe Munch, ihr Streben, ihr Leben und ihre Gefühle wirklich gut darstellen. Allerdings hatte ich so meine Startschwierigkeiten. Mir fehlte es ein wenig an Leidenschaft, der Stil der Autorin hat einen eher nüchternen Eindruck auf mich gemacht, und ich musste mit dem Hörbuch mehrere Anläufe starten, weil ich beim Hören immer wieder mit meinen Gedanken abgeschweift bin. Erst nach und nach ist mein Interesse angewachsen, konnte ich mich mehr auf die Geschichte einlassen, hat mich Signe Munch und ihre Persönlichkeit mehr beeindruckt und gefesselt. Trotzdem der weitere Verlauf eine tolle, keinesfalls kitschige Liebesgeschichte zu bieten hat und das Ganze durch Signe Munchs Schicksal im ausgehenden Zweiten Weltkrieg extrem berührend wird, gab es für mich immer wieder die eine oder andere Länge, bei der ich mich zur darum bemühen musste, nicht abzuschweifen.

Die Sprecherin hat eine angenehme Stimme, der ich eigentlich gerne zugehört habe. Allerdings habe ich schon emotionalere, mitreißendere Vorträge gehört. Ob die Romanvorlage nicht mehr hergibt, vermag ich aber nicht wirklich zu beurteilen. Richtig für sich begeistern konnte mich das Hörbuch auf jeden Fall als Gesamtpaket nicht.

Allerdings ist das Jammern auf hohem Niveau, sehr gute vier Sterne sind auf jeden Fall noch drin, weil man wirklich ein tolles Bild von der zu Unrecht völlig zu wenig beachten Künstlerin erhält.