Ein Thriller der Enttäuschungen

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heinoko Avatar

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Hohe Erwartungen hatte ich an dieses 700 Seiten starke Werk vom „Meister der französischen Spannung“. Hmmm… Vermutlich habe ich den Begriff „französische Spannung“ falsch verstanden. Aber dem Buch wurde auch nachgesagt, dass es ein „Donnerschlag“ sei, eine „Meisterleistung“ mit „Suchtfaktor“. Warum nur war ich so maßlos enttäuscht?

Der Thriller spielt in einer sehr dunklen Zeit, nämlich im Berlin um 1939. Der Zirkel der Ehefrauen der Nazi-Elite trifft sich beim Champagner. Der angesagte Psychoanalytiker Simon Kraus befasst sich auf gerissene Weise mit eben diesen Damen, verführt und erpresst sie. Als eine aufs Grausamste zugerichtete Frauenleiche gefunden wird, führt die Spur des Täters bis in die obersten Führungskreise des Regimes. Simon Kraus, die alkoholkranke Minna von Hassel und der Nazi Franz Beween versuchen gemeinsam, den Täter zu stellen, um nicht selbst in die Fänge der Gestapo zu geraten. So könnte man den Inhalt in Kürzestform in Worte fassen.

Natürlich passiert sehr viel mehr auf diesen 700 Seiten. Und doch musste ich mich durch die Seiten schleppen. Denn ich empfand das Buch mindestens bis zur Hälfte einfach nur langweilig. Es geschieht dies und das und doch nichts, was fesseln könnte. Personen tauchen auf und tauchen wieder ab. Weniger wäre mehr gewesen, hätte ich gerne dem Autor zugerufen. Ganz und gar nicht gefiel mir der Sprachstil, insbesondere in den Dialogen. Eine seltsame Mischung von seltsam geschraubten Fremdwörtern, die man zu jener Zeit vermutlich niemals benutzte und dann wieder ungewöhnlich locker-flapsig, was ich ebenfalls oftmals als sehr unpassend empfand. Das könnte natürlich möglicherweise auch der Übersetzung geschuldet sein. Die Schwarz-Weiß-Darstellung der Protagonisten wirkt auf mich nicht nur unsympathisch, sondern auch völlig unglaubwürdig, überzeichnet wie Karikaturen, hohl und psychologisch überhaupt nicht überzeugend. Die Handlung hatte für mich keine klare Struktur, der man als Leser hätte ernsthaft folgen wollen und können. Da helfen auch nicht eingestreute extrem brutale Szenen. Denn reißerische Brutalität und Perversität allein ohne Zusammenhang, sei es politischer, sei es psychologischer Natur, dient keineswegs dazu, den Leser zu fesseln, im Gegenteil.

Kurzum: Dieser Thriller war für mich eine Enttäuschung, denn ich langweilte mich über lange Strecken. Und der Rest überzeugte mich nicht, wie oben ausgeführt.