Super Anfang, guter Mittelteil - grottenschlechtes Ende

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Hach. Grangé. Mal erschafft er ein absolutes Meisterwerk in literarischer Form, ein anderes Mal serviert er dem Leser Blödsinn pur. Aber dennoch verlässlich - schließlich kann man sich drauf verlassen, dass es rüde, brutal und um die Ecke gedacht zugeht.

All das trifft nun auch auf "Die marmornen Träume" zu. Ja, alles. Vom hohen Gewaltanteil über Blödsinn bis hin zum Meisterwerk.
Ich versuche mal zu erklären..

Schauplatz diesen Thrillers ist Berlin zu Beginn des zweiten Weltkriegs im Jahre 1939.
Der Psychiater Simon Kraus behandelt die gelangweilten Ehefrauen der deutschen Elite. Folgsame Männer, deren Frauen scheinbar nicht ganz so folgsam sind.
Dann wird eine von ihnen ermordet und bestialisch geschändet und Kraus trifft auf den getreuen Gestapo-offizier Beween. Dieses Raubein ist mit den Ermittlungen beauftragt worden und steht unter Druck, denn sowohl die Führungspassage will Ergebnisse, als auch der Mörder, von dem das Opfer schon vorab träumte und sie mit einer Marmormaske ängstigte, macht keine Pause.
Dazu gesellt sich noch die rebellendiere Psychiaterin Minna von Hassel..

Mit Kraus, von Hassel und Beween hat Herr Grangé ein höchst skurriles Trio an Ermittlern erschaffen. Keiner passt zu einander, niemand von ihnen ist wirklich sympathisch - schon allein weil jeder von ihnen unschöne Eigenschaften vom Autor angedichtet bekommen hat. Man könnte nahezu meinen, sie als Gesamtbild schillern mehr als die Morde.
Nun, ihre Marotten sind im Grunde auch präsenter.

Die Geschichte um die jungen deutschen Frauen der High Society und deren Mörder ist spannend, anfangs auch recht rasant.
Verliert sich aber leider im Laufe der Zeit nebst all der Gedanken und Gelüste der drei.
Schade, man! Die ersten zwei-drittel des Buches waren so gut!
Hypothesen, Action, Hoch- und Tiefschläge! Ich war echt gebannt!
Da verzieh ich es Grangé auch, dass er zwar trotz toller Recherche zum Weltkriegsgeschehen in der deutschen Hauptstadt ein gutes Gesamtbild geschaffen hat, aaaaber scheinbar auch eine etwas komische Ansicht bezüglich der Deutschen vertritt. Treue Leser kennen das schon aus einem anderen Thriller aus seiner Feder. ;)

Jedenfalls.. "Die marmornen Träume" startet grandios, ist super ausgearbeitet, reißt einen mit!

...und verpufft nach rund 400 Seiten.
Lieber Monsieur Jean-Christophe, was haben Sie sich denn dabei gedacht?!

Es folgt Irrsinn, auf der Stelle treten, mehr Irrsinn. Eine abstruse, aber zufriedenstellende Auflösung. Und dann noch mehr.. wie nenne ich es? "Zu erzählen".. 680 Seiten müssen sich schließlich füllen.

So sehr ich den Start genoss und den Marathon überstehen wollte, so mehr quälte ich mich gen Ende. Es zog sich zu sehr. Es langweilte mich. Es ärgerte mich regelrecht.

Fazit: "Die marmornen Träume" erinnert daran, was Grangé zweifelsfrei kann. Doch leider unterstreicht dieser Thriller das Können nicht gänzlich. 3,5 von 5.