Wirtschafts-Krieg

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
sweetaddict Avatar

Von

Unter dem Titel „Die Marseille Connection“ erschien im Jahr 2013 ein weiteres Werk des italienischen Autors Massimo Carlotto bei den Cotta`schen Buchhandlungen in der Rubrik Thriller. Die Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel „Respiro Corto“. In dem 240 Seiten langen Buch erscheinen viele Charaktere. Die wichtigsten sind die Mitglieder der Dromos-Gang: Sosim Katajew alias Aleksandr Peskow, der ein ehemaliges Mitglied der russischen Mafia und der Sex-Gespiele einer Frau Leutnant des russischen Inlandsgeheimdienstes ist. Inez Theiler: die eigentliche heimliche Geliebte von Sosim, die die Finanzen der Dromos-Gang fest im Griff hat. Außerdem Sunil Banerjee: der Gründer von Dromos und blitzgescheite Problemlöser der Gruppe. Und zu guter Letzt Giuseppe Cruciani: Inhaber einer Klinik für illegalen Organhandel. Neben diesen 4 Hauptpersonen treten eine ganze Reihe mehr oder weniger wichtige Nebenfiguren auf. Allen voran Kommissarin Bernadette Bourdet, kurz B.B., Ermittlerin mit einem Hang zur Ermittlung in Graubereichen der Legalität, die außerdem einen Hang zum weiblichen Geschlecht hat. Dazu gesellen sich ihre Kollegen Adrien Brainard, Gérard Delpech und Baptiste Tarpin. Bernadettes bester Informant Armand Grisonil, der Pate der korsischen Mafia in Marseille. Als Handlanger mit einem Sinn zur Selbstständigkeit ein ehemaliger Dealer aus Paragay Esteban Garrincha, alias Juan Santucho, der nach der Flucht aus seiner Heimat für B.B. arbeiten muss. Und außerdem Ulita Winogradowa, die Puppenspielerin des Sosim Katajew und Leutnant des russischen Inlandsgeheimdienstes.
Im Wesentlichen rankt sich die Geschichte um die 4er-Konstellation, die sich beim Studium der Ökonomie in Leeds kennengelernt hat. Sie kamen alle aus gutem Hause oder waren zumindest durch Gönner und Förderer finanziell gutgestellt. Während des Studiums erkannten sie, dass sie es gemeinsam zu viel Geld und Macht bringen könnten. Aus dieser Ausgangslage ergibt es sich, dass Sosim die Mitglieder seiner russischen Mafia verrrät; Sunil einigen Alibi-Geschäftszweigen nachgeht; Inez die Gelder der Gruppe verwaltet ohne das ihre Familie in der schweizerischen Bank etwas davon mitbekommt und Giuseppe erfolgreich eine Klinik für Organhandel eröffnet. Aufgrund verschiedener Verwicklungen landet die Clique in Marseille und versucht von dort aus weiter zu agieren, neue Märkte zu erschließen und vor allem mehr Geld anzuhäufen. Bald erkennt Kommissarin Bourdet, dass sich in ihrer Stadt neue Großverbrecher angesiedelt haben und sie versucht der ungleichen Truppe auf die Schliche zu kommen. Dabei braucht sie ihren Handlanger aus Paragay und die eine oder andere illegale Verhörmethode um an ihr Ziel zu gelangen. Auch wenn am Ende die Dromos-Gang einen schweren Schlag erlebt und einzelne Mitglieder sich sogar privat harten Zeiten gegenüber sehen, muss auch Kommissarin Bourdet schließlich einsehen, dass sie hintergangen wurde und ihr Einfluss nicht so groß ist wie sie immer dachte.
Massimo Carlotto hat in seinem Buch die Wirtschaftskriminalität verarbeitet, wie sie durch die voranschreitende Globalisierung durchaus denkbar ist und hat dabei den stetigen Verfall von Moral und Verantwortungsgefühl in den Vordergrund gestellt.

Die Idee, die dem Buch zugrunde liegt ist spannend und in den ersten Kapiteln wird der Leser direkt in den dunklen Abgrund der weltweiten Kriminalität hineingezogen, sodass schnell das Interesse zum Weiterlesen geweckt ist. In der Folge wird die Handlung dann aber etwas flacher. Sie bleibt zwar insgesamt schlüssig, allerdings wäre es durchaus möglich gewesen die Handlung auf deutlich mehr als 240 Seiten auszubauen. In dem Fall hätte ich als Leser mehr von dem Buch profitiert, denn die Grundgeschichte gab viel mehr Möglichkeiten her als das, was Carlotto schließlich daraus gemacht hat. Vom Schreibstil entspricht das Buch, meines Erachtens, der durchschnittlichen Qualität die ein Buch eben mitbringen sollte. Es begegnen dem Leser keine besonderen Formulierungen und kein besonderer Stil der im Gedächtnis bleibt. Die Sprache ist verständlich. Den ersten Eindruck den mir das Buch vermittelt hat konnte es nicht bis zum Ende halten, da die Handlung abflachte, viel zu viele Figuren auftraten, die teilweise auch noch ihre Identität verändern mussten und die Möglichkeiten der Grundgeschichte nicht ausgeschöpft wurden.
Insgesamt hat „Die Marseille Connection“ bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Grundidee war sehr gut, allerdings schaffte es der Autor nicht im Laufe der Handlung einen ansprechenden Spannungsbogen aufzubauen. Obwohl viel Blut floss und in dem Buch viele Personen ihr Leben lassen mussten, finde ich die Zuordnung zum Genre Thriller nicht gerechtfertigt. Dazu lag einfach zu wenig Spannung in der Geschichte. Außerdem fühlte ich mich erschlagen von der Fülle an vorgestellten Personen. Ich war über die 240 Seiten nicht in der Lage die Figuren so gut kennenzulernen, dass ich mich an den Großteil davon auch wieder hätte erinnern können. Auch an dieser Stelle hätte sich ein Ausbau des Buches auf mehr Seiten gelohnt. Ich persönlich würde das Buch niemandem empfehlen, der sich dem Genre Thriller verschrieben hat.