Hochaktuell und beklemmend

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nuca Avatar

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Zu Beginn glaubt man sich in George R. R. Martins Romanreihe "Das Lied von Eis und Feuer" (verfilmt als "Game of Thrones"), denn es geht um Wachdienst auf einer Mauer und es ist kalt. Das kommt einem irgendwie bekannt vor. Nur dass wir uns hier nicht in einer Fantasiewelt befinden, sondern in einer möglichen Zukunft. Nach Brexit und Klimawandel hat England beschlossen, sich mit einer Mauer zu umgeben, um sich vor den Anderen zu schützen. Die Anderen, das sind die großen Verlierer des Klimawandels, deren Grund und Boden im Meer versunken ist und die verzweifelt ums Überleben kämpfen.
Auf eben dieser Mauer müssen alle (vielleicht auch doch nicht alle) jungen Leute mindestens zwei Jahre als Verteidiger Dienst leisten. Das ist keine schöne Angelegenheit, denn wer versagt und damit zulässt, dass während seiner Schicht jemand über die Mauer ins Land gelangt, wird auf dem Wasser ausgesetzt. Der Roman ist aus der Sicht eines jungen Mannes geschrieben, der seinen Dienst auf der Mauer beginnt.
Die Jungen haben den Bezug zur Generation ihrer Eltern verloren, denn sie machen ihre Eltern für den Klimwandel und seine Folgen (somit auch für ihren erzwungenen Wehrdienst) verantwortlich und können nicht mehr richtig mit ihren Eltern kommunizieren. Sie wollen auch keine Kinder mehr in diese Welt setzen, sodass der Staat sich Anreize überlegen muss, um Paare zur Fortpflanzung zu bewegen.
Zwar ist die Erzählweise zu Beginn sehr langatmig, hat aber auch eine gewisse Sogwirkung. Und wenn man sich mal damit angefreundet hat, kommt irgendwann auch Spannung auf und man kann das Buch nicht aus der Hand legen.
Dabei ist es egal, dass man nicht genau weiß, in welchem Jahr das Buch spielt und was alles durch den sog. Wandel passiert ist und sich geändert hat. Gerade diese Ungenauigkeiten machen das Buch so grausam real, denn so könnte die Welt mal sein, wenn alle nur noch ums nackte Überleben kämpfen.