schöne neue Welt - Betonwasserwindhimmel

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elohym78 Avatar

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Zum Schutz des Landes, der Menschen und des Lebens muss jeder Bürger zwei Jahre Dienst auf der Nationalen Küstenverteidigungsbefestigung - der Mauer - verrichten. Diese Zeit ist jetzt für Joseph Kavanagh gekommen. Schweren Herzens tritt er seinen Dienst an. Neben schier unendlicher Zeit zum Nachdenken in der Einsamkeit der Mauer, lernt er Kameradschaft, Freundschaft und sogar die Liebe kenne.

Das Cover besteht aus zwei Dingen: Unten das unendliche Meer in blauen Strichen gezeichnet und oben der unendliche Nachthimmel in schwarzen Punkten. Es ist schlicht und doch reizte es mich und machte mich zusammen mit dem Klapptext neugierig auf das Buch, da es auf der einen Seite zwar Unendlich wirkt, auf der anderen Seite zu gleich bedrohlich und einengend.

John Lanchester schreibt flüssig, aber zugleich bedrückend; wie kann man unter freiem Himmel, mit Sicht auf die unendlichen Weiten des Meeres nur so ein beklemmendes Gefühl in seinen Lesern hervorbringen? Ich denke, es sind nicht die Beschreibungen der Landschaft, auch wenn diese schon nicht einladend, sondern eher kalt und feindlich wirkt, sondern eher die innere Einstellung. Statt Freude und Zuversicht, ruft der Autor Zweifel und Widerwillen hervor, die mich berühren und zum Nachdenken anregen. Natürlich möchte jeder sein Leben und vor allem seine Lebensgewohnheiten schützen, aber zu welchem Preis?

Diese Frage und noch viel existentiellere stellt sich der junge Joseph Kavanagh, als er den Dienst auf der Mauer antritt und mit seinen Gedanken und Gefühlen alleine ist. Die Generation seiner Eltern ist Schuld am Klimawandel und hat Massenflucht, Erderwärmung und steigende Meeresspiegel verursacht. Oder zumindest nicht versucht, diese Entwicklung aufzuhalten. Was im Einzelnen geschehen ist, erfährt man nicht und auch nicht, wie es tatsächlich auf der Welt aussieht; ob Leben überhaupt möglich ist. Ich denke, dass der Autor dies mit Absicht unerwähnt, oder nur mit Andeutungen unterfüttert hat, um seinen Lesern die geschehene Katastrophe sich selbst vorstellen zu lassen.
Es wird zwar schnell deutlich, dass die Mauer zum Schutz vor Flüchtlingen gebaut wurde, damit das bewohnbare Land nicht überrannt wird, aber Regierung und Bevölkerung entmenschlichen diese und nennen sie schlicht, die Anderen. Es sind keine Männer, Frauen und Kinder, die da kommen, sondern irgendwelche Andere, die das Leben zerstören wollen. So zumindest mein Eindruck. Denn wenn es ihnen tatsächlich gelingt, die Mauer zu überwinden, werden sie entweder eingeschläfert, ausgesetzt oder als Dienstlinge gehalten.

Auch wenn Lanchester nicht urteilen, sondern eher zum Nachdenken anregen wollte, hätte ich mir mehr Intensität gewünscht; und dies in allen Bereichen seines Buches. Ich hätte es schön gefunden, mehr auf die äußeren Gegebenheiten einzugehen und mehr Hintergrundwisssen zu bekommen, statt in die Seelenqualen eines Einzelnen einzutauchen, die stellenweise recht langatmig waren. Warum hasst Kavanagh seine Familie, sein Leben und alles so dermaßen und hat dennoch keinerlei Zukunftsvorstellung oder Wünsche?


Mein Fazit
Interessantes Thema, dem für mich etwas Tiefgang fehlte.