Ebenbürtige Alternative für die Erzählung einer Legende

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tausendmund Avatar

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Jede*r von uns kennt wohl mindestens eine Geschichte, die auf der Figur der kleinen Meerjungfrau fußt – sei es nun Christian Andersens Märchen oder Disneys Arielle. Eine Geschichte, die eine Interpretation voraussetzt und etwas abbildet. Dass Repräsentation dabei so unendlich wichtig ist (und leider nach wie vor hart erkämpft werden muss), zeigt ganz aktuell auch die Debatte um die Realverfilmung von Arielle, die von der Schwarzen Schauspielerin Halle Bailey dargestellt wird. Dich möchte ich jedoch nicht nur als eine Neu-Interpretation der kleinen Meerjungfrau verstanden wissen, sondern als ebenbürtige Alternative für die Erzählung einer Legende.

Du bist so brutal, wie es das Schicksal der kleinen Meerjungfrau nun mal ist: Vor der fiktiven Karibikinsel Black Conch fängt ein weißer Amerikaner Meerjungfrau Aycayia, die vor Jahrhunderten einst von anderen Frauen der Taino ob ihrer Schönheit verflucht und zur Einsamkeit im Meer verdammt wurde. Fischer David Baptiste rettet und versteckt sie in seinem Haus, während sie sich langsam und unter Qualen in eine Frauen zurückverwandelt. Und ja, die beiden verbindet schnell ein zartes Band aus Verliebtheit und Leidenschaft, doch du rückst in erster Linie die Selbstbestimmung der Frau ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit und fragst nach der Bedeutung eines (un-)freien Lebens.

Ich bin absolut begeistert von dir und davon, wie du es vermagst, eine Vielzahl von Themen so dicht zu verhandeln. Du bist Dokumentation, bist Speicher von verloren Geglaubtem. Verflucht durch Frauen, bedroht durch Männer – mit dir erleben das Verwebt-Sein von Patriarchatskritik mit Momenten des Fremdseins mit Kolonialismus am Körper. Und ganz nebenbei lässt du deine Figuren im Dialekt zwischen Standardenglisch und Kreolsprache sprechen, einer „Mischung aus den Worten der Unterdrücker und denen der Unterdrückten“.
Eine Geschichte, die bleibt. Die bleiben muss.