Eine Frau in der Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts
In ihrem historischen Roman „Die Melodie der Lagune“ schildert Harriet Constable das Leben der Anna Maria. Im Venedig des 18. Jahrhunderts wächst sie in der Ospedale della Pietà, einem Waisenhaus Venedigs auf. Die Mädchen werden dort als Musikerinnen ausgebildet. Die spannende Erzählung wird zum Lesevergnügen vor allem deshalb, weil alle Grundlagen hervorragend recherchiert sind und die Fachkenntnis der Autorin verraten. Die historische Figur der Anna Maria, über die nicht mehr bekannt ist, als dass sie Schülerin Antonio Vivaldis und eine gefeierte Geigerin war, wird überaus lebendig. Das gelingt der Autorin einerseits, weil sie ihre Romanhandlung mit den historischen Fakten zum Leben im Venedig des 18. Jahrhunderts verschränkt. Zum anderen weiß sie um die Psychologie einer Solistenkarriere – es ist spürbar, dass sie Erfahrungen als Musikerin und Mitglied einer Musikerfamilie gesammelt hat. Ein kluger Kunstgriff ist die Entscheidung, Anna Maria zur Synästhetikerin zu machen, also zu einer Person, die beim Musikhören Farben und Formen sieht. Dadurch entstehen wunderbare Beschreibungen der Emotionen, die mit Musik verbunden sind. Stil und Struktur des Romans sind allerdings äußerst konventionell. Schade auch, dass der neutrale englische Titel „The Instrumentalist“ in der deutschen Ausgabe durch das kitschige „Die Melodie der Lagune“ ersetzt wurde.