ein Leben, tausend Möglichkeiten

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elohym78 Avatar

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An einem Tag ihren Job, ihre Freunde, ihre Katze, ihren Zweitjob, kurz ein ganzes Leben zu verlieren, würde wohl jeden aus der Bahn werfen. Wenn man dazu noch das Gefühl hat, dass das Leben eh sinnlos ist, weil die Familie nicht zu einem hält, ist Selbstmord die logische Konsequenz. Zumindest für Nora.
Doch statt von Gevatter Tod mit offenen Armen aufgenommen zu werden, landet Nora in der Mitternachtsbibliothek. Einer Art Zwischenwelt. Nora erhält die Möglichkeit, in ihre anderen Leben reinzuschnuppern und zu sehen und zu erleben was geschehen wäre, wenn sie sich für einen anderen Weg entschieden hätte.

Das Cover ist in einem mitternachtsblau gehalten. In der Mitte prangt ein Gebäude, die Mitternachtsbibliothek. Sterne umgeben das Gebäude, ein jeder für eine Gelegenheit. Eine Katze schleicht auf vorsichtigen Pfoten auf das Gebäude zu. Für mich symbolisiert das Gebäude Zuversicht und Wärme in der Dunkelheit. Es wirkt einladend, beschützend und macht neugierig auf den Inhalt.

Matt Haigs Schreibstil mag ich ganz besonders. er schreibt stets warm und berührend und nimmt seine Leser mit auf eine sehr gefühlvolle Entdeckungsreise. Diesmal beschäftigt er sich mit dem Thema Selbstmord und was Menschen dazu bringt, sich für diesen Weg zu entscheiden. Zumindest dachte ich dies zu Beginn des Buches. Doch schnell wurde klar, dass es nicht um Menschen im Allgemeinen geht, sondern ausschließlich um Nora und ihr Leben. Mir gefiel diese Wendung gut, denn was mich betrübt, löst bei einem anderen nur ein müdes Schulterzucken aus. Während ich bereits in Tränen aufgelöst bin vor lauter Rührung, verstehen andere die Situation gar nicht. Kurz, hätte Matt Haig ein Buch über Selbstmord geschrieben, wäre es wohl in der Sparte Lebenshilfe gelandet. Dadurch, dass er es persönlicher macht, einzig auf Nora bezieht, lässt der Autor jedem den Raum, den man selber braucht. Möchtest du das Buch als schönen, gefühlvollen Roman lesen? Oder doch Lebenshilfe annehmen? Vielleicht liest du auch einfach einen seichten Fantasyroman, der dich in unterschiedliche Sphären entführt. Ich nahm von jedem etwas mit und genoss den Inhalt. Mal fand ich Noras Leben spannend, mal schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen und dachte: Wie kann sie nur? Und dann fühlte ich mich hier und da gelangweilt. Es ist eben nicht mein Leben, sondern Noras, in all seinen schillernden Facetten.

Die Faszination an der Schwelle des Todes in einer Bücherei des eigenen Lebens stehen zu dürfen und zu gucken, wie sich das Leben entwickelt hätte, wenn man anders abgebogen wäre, übt vermutlich auf jeden eine wahnsinnige Faszination aus! Wie oft stand ich schon da und überlegte, hättest du doch, wärst du doch... Dieses Buch hat mir eins gezeigt: Da wo ich stehe, stehe ich gut! Ich bin glücklich und jeder Schritt den ich gemacht habe, hat mich exakt hier hin geführt und hier bin ich richtig. Für mich ist die Mitternachtsbibliothek somit eher ein Unterhaltungsroman, der wunderschön einfühlsam geschrieben wurde. Natürlich bringt er mich zum Nachdenken und das ist auch gut so!
Denn während Nora durch ihr Leben der verpassten Gelegenheit reist und auf der Suche nach sich selber, nach dem Glück, nach ihrer persönlichen Erfüllung ist, durfte ich sie auf dieser spannenden Reise begleiten und ihr zur Seite stehen. Mit ihr lachen, mit ihr zweifeln, mit ihr weinen und einfach das Leben feiern.

Mein Fazit
Berührend, wunderschön und lädt zu Gedankenspielen ein!