Stummfilmtexte und Berlinerotik

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Meine Buchauswahl steht und fällt ja häufig an den Schauplätzen. Wenn ich den Ort mag, an dem eine Geschichte spielt, dann fehlt nicht mehr viel, damit ich sie lesen möchte.
Berlin mag ich sehr. Ich mag, wie es in der Leseprobe geschrieben steht, "die Verschmelzung des Grandeurs der Gründerzeit und des groben Drecks der Gegenwart zu einer Aura von Freiheit und Verwahrlosung, mit einem Schuss Erotik". Das trifft meine persönliche Wahrnehmung von Berlin ziemlich genau, vielleicht, weil ich die Stadt bisher immer nur aus der Perspektive einer Touristin wahrgenommen habe. Auch Anna und Tom kommen nicht von dort, sondern aus dem europäischen Ausland. Ich finde das ziemlich spannende aus der umgekehrten Perspektive zu lesen, wie sich junge Europäer in der deutschen Gesellschaft zurecht finden. Außerdem ist die Perspektive, die der Autor dafür wählt, ziemlich speziell und auch irgendwie mutig. Er schaut durchgängig von außen auf seine Figuren. Ein allwissender Erzähler betrachtet und kommentiert und kritisiert die Figuren und ihr Leben, während gleichzeitig übergeordnete gesellschaftliche Perspektiven aufzeigt werden. Bis jetzt bin ich überrascht, dass das noch nicht langweilig geworden ist, so ganz ohne Dialoge. Der Text wirkt beinahe wie ein Stummfilm aus der Gegenwart.
Das Buch ist ziemlich kurz, ich bin interessiert daran, was aus diesem ungewöhnlichen Text auf so wenigen Seiten werden kann, und würde es gerne herausfinden. Über einen Gewinn würde ich mich sehr freuen!