Ideal für Leseratten

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gabriele 60 Avatar

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Wer gleich mehrere Romane in einem verbunden haben möchte, dem kann ich dieses Mammutwerk von 880 Seiten (20 davon sind Erklärungen im Anhang) nur empfehlen. Die Autorin hat einen mitreißenden Schreibstil. Trotzdem hätten diesem, ihrem ersten, Roman ein paar Kürzungen nicht geschadet.

Doch von vorn: selten ist ein Leben eindimensional. Es wird von vielen anderen Menschen beeinflusst und entwickelt sich dadurch nicht nur in eine Richtung. So wird auch die Beziehung von Antonia Lorimer, die als Witwe nach dem Südstaatenkrieg ihr Anwesen wieder auf Vordermamn bringen will und Colonel Spencer, den sie schwer verwundet in ihrem Pferdestall findet und gesund pflegt, von vielen fremden Einflüssen überschattet. Um die Hintergründe für das manchmal schwer nachvollziehbare Verhalten der Menschen zu beleuchten, hat Catherine Tarley in ihrem Roman viele Erzählstränge aufgegriffen. Sobald man als Leser den Aufbau des einen Lebens erfasst hat, wird man in die Machenschaften des nächsten Protagonisten hineingeworfen. Dieser Wechsel der Perspektiven ist etwas gewöhnungsbedürftig, hat man so doch das Gefühl, mehrere Romane gleichzeitig zu lesen. Auf der anderen Seite gelingt es der Autorin, die einzelnen Lebensstränge immer wieder zusammen zu führen und so doch eine Einheit herzustellen.

Neben dem eingangs erwähnten Liebespaar lernen wir den im Krieg gefallenen Ehemann von Antonia kennen und verstehen, woran die Liebe gescheitert ist. Auch den beiden Männern, die ihm beim Spielen und Trinken Gesellschaft geleistet haben, werden eigene Lebensläufe zugeordnet. Da sie gleichzeitig das Leben Colonel Spencers sehr einschneidend mitbestimmen, stehen sie nicht isoliert im Raum. Wir erleben mit, wie sich Antonia für einen der beiden auf eine schwer nachvollziehbare Weise einsetzt und damit das Leben ihres Geliebten gefährdet. Wir erfahren, wie die geschätzten schwarzen Sklaven als Wesen zweiter Klasse behandelt werden und dass die Liebe nicht immer die Oberhand gewinnt. Auch dene (Um-)Wegen des Colonels wird viel Raum gewidmet.

Trotz der ab und zu auftretenden Längen würde ich den Roman als spannend bezeichnen. Zumindest ich konnte das Buch nicht zu lange aus der Hand legen. In meinen Augen durchaus empfehlenswert für lange Winterabende. Aber Vorsicht: nicht jeder dicke Südstaatenroman ist ein "Vom Winde verweht"!