Südstaaten-Epos

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"Die Plantage" beschreibt weniger ein Geschehen um eine bestimmte Pflanzung als um bestimmte Personen, die mit dieser Plantage zu tun haben. Eigentlich ist es die Ausarbeitung einer amerikanischen Ureinwohner-Legende.

Antonia Lorimer ist die Witwe eines wenig geschäftstüchtigen Pflanzers in der Nähe von Charleston (damals noch Charles Town), South Carolina. Sie hat die Plantage, Legacy, geerbt, aber ihr Mann hat es fertiggebracht, innerhalb weniger Jahre den gesamten Wohlstand zu verlieren. Dann bricht der Unabhängigkeitskrieg der amerikanischen Kolonien gegen das englische Empire aus und er zieht in den Krieg, aus dem er nicht mehr zurückkehrt. Antonia steht nun allein mit ihrer vom Krieg verwüsteten Plantage, ihren Schulden und den freigelassenen Sklaven, die sie nicht mehr bezahlen kann.

In dieser Situation findet sie in ihrer Scheune einen schwer verwundeten englischen Offizier, den sie gesundpflegt, obwohl ihr schon bald klar wird, daß der Mann zu ihren Feinden gehört. Aus Dankbarkeit hilft er ihr, die Plantage wieder auf Vordermann zu bringen - während die beiden sich ineinander verlieben.

Catherine Tarley legt hier einen Roman von außerordentlichem Volumen vor, der trotz seiner Länge keinerlei Durchhänger hat und den Leser von Anfang bis Ende fesselt. Die Sprache ist elegant und ansprechend, der gesamte Roman liest sich ausgesprochen leicht und flüssig; es gibt keine Stellen, an denen der Lesefluß stockt oder die Gedanken abschweifen. Die handelnden Personen werden ausgezeichnet charakterisiert, ohne großartige Beschreibungen erstehen sie real vor dem geistigen Auge des Lesers, ihre Eigenarten werden lebendig und ihre Handlungsweise ist schlüssig.

"Die Plantage" bietet für jeden Geschmack etwas: Eine historische Erzählung vor dem amerikanischen Hintergrund, Sklaverei und Rassenfragen, Military, Gewalt und Liebe, dazu Rache und Selbstjustiz. Tiefere moralische Aspekte kommen nicht vor und man hat oftmals den Eindruck, jegliche Moral ist in irgendeinem Bewässerungskanal weggeschwemmt worden. Die Sklaven auf den Plantagen hängen teilweise dem Voodoo-Kult an, der aber auffallenderweise überhaupt nicht kritisiert, sondern als völlig normal und gleichberechtigt behandelt wird. Auch wird auf die Riten dieses Kults wenig eingegangen, was einen Eindruck von Ungefährlichkeit erzeugt und den Leser nicht vor dieser Gefahr warnt.

Alles in allem: Sehr angenehm zu lesen, nicht besonders anspruchsvoll, aber unterhaltsam und ansprechend. Aufgrund seiner Länge hat der Leser von diesem Roman doppelt so lange Unterhaltung wie normal, und das ohne sich zu langweilen. Ich vergebe 3 1/2 Sterne, obwohl das nicht möglich ist. Drei Sterne sind zu wenig, aber im Vergleich mit anderen ausgezeichneten Büchern wären vier Sterne zu viel. Das Buch hat mich fast eine Woche lang gut unterhalten.