Denn wer zum Schwert greift, soll durch das Schwert umkommen.

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kleine hexe Avatar

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Das ganze Buch scheint eine Erklärung und Bestätigung des Matthäus 52 zu sein. Generationen von Auftragsmördern in Seoul reichen mit ihrem gewaltsamen Tod die Stafette weiter, an die nächsten Auftragsmörder, immer weiter. Entweder in direkter Blutlinie oder an Männer die von Kind auf aus Waisenhäusern in diesem Auftrag aufgezogen wurden. Mittlerweile sind die Auftragsmörder hoch spezialisiert, es gibt die eigentlichen Mörder, die Bombenbauer, die Plotter, die Schatten, die Tracker, die Cleaner, usw., jede Berufsgruppe für sich mit festen Regeln und Verfahren. Und wer einmal drin ist, bleibt bis an sein baldiges Lebensende gefangen in diesem grausamen Karussell, es gibt kein Entkommen, keine Gnade, nur ein schmerzloser Tod, wenn man Glück hat. Und am Ende das heimliche Krematorium von Bear.
Was Un Su Kim da vor unseren Augen entfaltet, ist einerseits ein Thriller, mit all seinen Aspekten und Verknüpfungen in die Politik und Wirtschaft, andererseits ein ungewöhnlich facettenreiches Panorama der Halb- und Dunkelwelt Koreas. Faszinierend. Denn was wissen wir von Korea? Dass es unter der aggressiven Politik von Nordkorea zu leiden hat, dass Samsung da ist, Suppen und Kimchi (fermentiertes Gemüse), schreckliche Kolonialkriege nach dem 2. Weltkrieg mit Frankreich und den USA und natürlich Gangnam Style von Psy. Nicht allzu viel also. Und plötzlich öffnet sich der Fleischermarkt von Seoul vor unseren Augen, wird zu einem Cinemaskopbild der dunkelsten Seite dieser Stadt. Denn der Fleischermarkt ist die Zentrale der Tötungsindustrie. Mittendrin ist Raeseng, einer der vielen Killer. Effizient, kalt, gefühllos. Aber nur bis zu einem gewissen Grad. Als er merkt, dass seine engsten Freunde auf der Todesliste stehen, dass er nun selber auf besagter Liste ist, kehrt er den Spieß um und jagt seine Mörder.
Am besten lässt sich das Buch mit einem Dauerlauf vergleichen: rasante Passagen, in denen viel geschieht, von den Abläufen der Auftragsmorde bis zu Messerkämpfen oder der finale Kampf der auch das Ende des Buches markiert, diese rasanten Passagen alternieren mit Strecken in denen alles wie in slow motion verläuft, viel über das Töten philosophiert wird, über die Beweggründe, in der Welt des Fleischmarktes zu arbeiten, oder Raesengs Abstecher in die zivile, normale Welt eines Fabrikarbeiters, mit festen Job, festem Zuhause, fester Freundin.
Die Aufmachung des Buches ist der Hingucker schlechthin. Die weiße Chrysantheme, Symbolblume Japans aber auch Koreas wird in dem Moment abgelichtet als ein Schwall Blutspritzer auf die Blume stürzt. Die Blutspritzer setzen sich auf den Vorderschnitt und Rückseite des Buches fort. Das Buch selber ist weder Hardcover, noch Paperback, noch richtig Klappenbroschur, aber liegt sehr angenehm in der Hand, die Druckerschwärze setzt sich nicht in den Fingern fest, nach der Lektüre zeigt das Buch keine Gebrauchsspuren. Kompliment an das verantwortliche Team für diese hohe Qualität des Buches.