Vater und Tochter auf der Flucht

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grizzlybärchen Avatar

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**Inhalt**
Für die 12jährige Polly endet der Schultag ganz normal, bis plötzlich ihr Vater vor ihr steht. Der, den sie kaum kennt, weil er den Großteil ihrer Kindheit im Gefängnis gesessen hat. Er nimmt sie mit, denn gegen sie wurde ein Hinrichtungsbefehl ausgesprochen. Ihre Mutter wurde schon getötet. Nun ist sie die Nächste. Also begibt sie sich auf die Flucht, mit dem gefährlichsten Mann, den sie kennt: ihrem Vater.

**Meine Meinung**
In „Die Rache der Polly McClusky“ erleben wir einen Thriller der etwas anderen Art.
In der ersten Szene befinden wir uns im Gefängnis, wo der Hinrichtungsbefehl gegeben wird. Wir wissen also gleich, was wir in diesem Buch erwarten können: Rücksichtlosigkeit, Brutalität, Gewalt und jede Menge Spannung.
Dem gegenüber befindet sich ein 12jähriges Mädchen, das nirgendwo reinpasst (es sagt von sich selbst, es käme von der Venus) und das immer mit seinem Teddy unterwegs ist.
Eine skurrile Mischung, die gerade deswegen gut funktioniert.
Polly ist das unscheinbare Mädchen von nebenan. Schüchtern, ohne Freunde und ein bisschen seltsam. Aber sie ist intelligent und anpassungsfähig. Daher macht sie im Laufe des Buches eine unglaubliche Entwicklung durch. Eine die zum Überleben notwendig ist, aber schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig.
Sie wird von ihrem Vater Nate trainiert, der selbst gerade erst aus dem Gefängnis gekommen ist. Er will ihr Überleben sichern, aber weckt dabei auch ihren Killerinstinkt und ihre Skrupellosigkeit. Das zu lesen war schon etwas merkwürdig, eben weil man immernoch das unschuldige kleine Mädchen im Kopf hat, aber die Entwicklung ist auch nachvollziehbar. Denn wenn es um das eigene Leben geht, werden durchaus die moralischen Vorstellungen hintenan gestellt und die „Friss- oder – Stirb“- Mentalität dominiert.

Polly und ihr Vater sind nahezu den ganzen Roman auf der Flucht und man spürt das Gefühl des gehetzt seins und der Ausweglosigkeit, wenn man einfach keinem mehr trauen kann.
Der Autor hat diese Atmosphäre gut rübergebracht. Er schafft eine düstere Welt, die fast ausschließlich von Gangstern und Korrupten geprägt ist, wo aber trotzdem durch Intelligenz und Mitgefühl immer wieder Hoffnungsfunken auftauchen. Auch wenn diese in der Minderheit bleiben.

Auch Nate war ein interessanter Charakter. Der Mann, der vorher kaum für seine Tochter da war und nun das Überleben des kleinen Mädchens sicherstellen muss. Obwohl anfangs eine Distanz vorhanden ist und er sehr unnahbar rüberkommt, hatte ich kaum das Gefühl, dass es sich bei ihm um einen kaltherzigen Knasti handelt – denn seien wir ehrlich, wie gemein kann jemand schon sein, der seine Tochter von ganzen Herzen beschützt? Trotzdem hat mich auch seine Brutalität manchmal überrascht.

Die Handlung entwickelt sich rasant und wird durch verschiedenste Perspektiven richtig plastisch. Etwas gewöhnungsbedürftig ist aber der Schreibstil. Dieser ist ziemlich ruppig und manchmal etwas abgehackt. Angesichts dessen, dass aber auch oft die Sichtweisen der Gangster geschildert wurden, wirkte dies auf mich aber wieder sehr passend, weil ich mir ihre Sprech- und Denkart genauso vorstelle.

**Fazit**
Ein spannendes Buch über ein kleines Mädchen, das seinen Killerinstinkt findet, um zu Überleben.