Die Vergangenheit lässt sich nicht auslöschen

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theresia626 Avatar

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„Die Rache des Chamäleons“ ist nach der sehr erfolgreichen Kommissar-Erik-Winter-Reihe Ake Edwardsons neuester Thriller. Er beginnt mit einem außergewöhnlichen Prolog, indem ein Unbekannter an einer gefährlichen Mission beteiligt ist. Es gibt eine Explosion, und wenig später hört der Mann Schreie.

Viele Jahre später lebt Peter Mattheús mit seiner Frau Rita und seinen beiden Töchter Magdalena (6) und Isabella (2) in einem schönen Haus in einem Villenviertel in Stockholm. Er arbeitet erfolgreich in der Werbebranche, ist seit sieben Jahren glücklich verheiratet und ein liebender Familienvater. Eines Tages erhält er während einer Besprechung einen Briefumschlag zugestellt, in dem aktuelle Fotos seiner Familie liegen und ein Schließfachschlüssel. In dem Schließfach liegt ein Handy, das genau in dem Moment klingelt, wo er das Fach öffnet. Der Anrufer schickt ihn nach Hause. Das Handy soll er mitnehmen. Rita erhält in der Zwischenzeit einen Umschlag mit zwei Tickets, die sie zu einer Reise in die Sonne einladen. Doch es ist keine Einladung, Peter wird gezwungen, die Reise anzutreten. Er hat Angst, dass ihn seine Vergangenheit eingeholt hat, die er viele Jahre in einem Safe hinter dem Bücherschrank vergraben hatte. Er wird beobachtet, verfolgt und bedroht. Zur Polizei zu gehen wäre keine Lösung, sie (seine ehemaligen Freunde) würden das nicht zulassen. Seiner Frau hat er nie erzählt, was er in seiner Jugend gemacht hat. Sie wollte davon nichts wissen, es hat sie einfach nicht interessiert. Für sie begann die Zeit mit Peter im Jahre null. Auch jetzt, als die Bedrohung immer näher rückt, wiegt sie sich in Sicherheit. An der Costa del Sol angekommen trifft Peter auf seinen alten Freund Aitor, der ihm ein Foto überreicht und er erhält einen Auftrag. Wenn er ihn nicht ausführt, wird er sterben. „Es geht um Rache“ (…) „Es geht um uns beide, aber nicht allein um uns.“ (S. 85)

Ake Edwardson erzählt seinen Thriller „Die Rache des Chamäleons“, in dem es um Politik, Waffenschmuggel, Rache, Verrat und um sehr viel Geld geht, völlig schnörkellos und ohne jegliche Detailfreude, so dass seine Figuren blass bleiben. Dies gilt für Peter und seine früheren spanischen Freunde Aitor Usetxe, Jesús Maria Montanas, Iker Aurtenetxe und Naiara, eine Frau, die er einmal sehr geliebt hat. Der Autor erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern bedient sich einer umgestellten Erzählweise, die zu einem abrupten Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart führt. Der Leser verliert die Orientierung, zumal der Autor den Schauplatz der Handlung nach wenigen Kapiteln an die Costa del Sol verlegt - ein ungewöhnliches Experiment eines schwedischen Autors, das in meinen Augen nicht geglückt ist. Der Leser erfährt zu wenig über die Zeit zwischen damals und heute. Außerdem fehlen Hintergrundinformationen über die baskische Untergrundorganisation ETA, die über einen langen Zeitraum terroristische Anschläge mit vielen Toten verübt hat. Ohne dieses Wissen, das der Autor nicht als selbstverständlich voraussetzen kann, bleibt vieles unverständlich, und der Leser muss es sich zusammenreimen, so gut er kann. Das Ende hingegen ist interessant gestaltet, wiegt aber die teilweise verworrene Erzählstruktur, die ständigen Wiederholungen und kurzen, abgehackten Dialoge nicht auf. So hinterlässt Ake Edwardsons neuer Roman einen zwiespältigen, leider keinen tiefen Eindruck und ist nur bedingt zu empfehlen.