Ein modernes Märchen ohne Kitsch und Schmalz, wunderbar.

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mojoh Avatar

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Bobby Nusku ist ein 12jähriger Junge, der bei seit dem Weggang seiner Mutter seinem gleichgültigen Vater und dessen Freundin aufwächst. Einige größere Jungs in der Schule machen sich einen Spaß daraus, ihn herumzuschubsen und zu demütigen. Bobby und sein einziger Freund Sunny fassen einen abstrusen Plan, um diesen Jungs und nebenbei auch gleich Bobbys Vater das Handwerk zu legen.
Dann „verschwindet“ Sunny und Bobby lernt Rosa Reed kennen, mit der er sich sofort anfreundet und bei deren Mutter Val er sich geborgen und verstanden fühlt. Sie arbeitet als Putzfrau in einem Bücherbus, dessen Betrieb und somit Vals Job vor dem Aus stehen.
Aus dieser Konstellation entwickelt sich der Roadtrip mit dem gestohlenen Bücherbus, in dessen Verlauf noch der geheimnisvolle Joe zu ihnen stösst, auf der Suche nach Sunny und einer Familie, nach Liebe und Geborgenheit, nach Verständnis und Erklärungen …

"Familie. Ein Puzzle aus Menschen."

Zugegeben, ich brauchte einige Seiten um in die Geschichte reinzufinden. Aber was sich dann entfaltete und entwickelte war ein wunderschönes modernes Märchen. Es war in seinem gesamten Handlungsverlauf einerseits so melancholisch, teils traurig und erschreckend – aber nie ohne ein Fünkchen Hoffnung aus dem sich immer wieder ein Flächenbrand aus Liebe, Geborgenheit und Wohlfühlen entwickelte. Die Ideen die der Autor den Figuren in die Gedanken pflanzt, die Personen, die ihnen begegnen und wie sie sich selber entwickeln sind sehr ungewöhnlich, sehr originell und absolut liebevoll charakterisiert.
Er fabuliert und erzählt eine so anrührige Geschichte, in einer phantasievollen Art und Weise, ohne in die Stereotypen-Kitsch Ecke abzugleiten. Die eigentliche Handlung ist vielleicht nicht aussergewöhnlich in ihrer Grundanlage, aber den Weg und die Verzweigungen die er nimmt sind etwas ganz besonderes und immer wunderschön beschrieben. In der Geografie würde man sagen Luftlinie ist es ein sehr direkter, kurzer Weg, aber die zurückgelegte Strecke ist einzigartig und wunderbar.
Immer wieder fallen sehr treffende und schöne Formulierungen auf, so lässt Whitehouse den Baron an einer Stelle über den Tod philosophieren:

"Scheiße nochmal, dachte er mit jener teuflischen Endgültigkeit, wie sie nur ein Schotte in Worte fassen kann, dann soll mich das Efeu eben auch verschlingen. Was ist schon der Tod? Nicht das Ende. Der Tod ist nur ein Komma oder bestenfalls ein Doppelpunkt. Und der jämmerliche Halunke, der noch am Leben ist, wenn endlich der Punkt kommt, ist nur zu bemitleiden."

Insgesamt habe ich, nachdem ich einmal „Blut geleckt“ hatte, das Buch absolut genossen und fand es einfach wunderschön.