Geschichten fangen schon vorher an und sie gehen danach weiter

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
mirabell Avatar

Von

"So etwas wie ein Ende gibt es nicht"
David Whitehouse erzählt in seiner "Reise mit der gestohlenen Bibliothek" die mehrmonatige Tour von zwei Kindern, Bobby und Rosa, einer erwachsenen Frau, Valerie, und einem später zu ihnen stoßenden Mann, Joseph, die nicht nur jeden Teil Englands zu sehen bekommen, sondern auch mehr und mehr erleben, wie sie sich das Leben in einer (funktionierenden) Familie anfühlt, bzw. dass man selbst von einer anderen Person geschätzt wird. Auch ein ehemaliger Schulfreund des Jungen Bobby spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte. Dabei bestätigt sich der Eindruck aus der Leseprobe mehrmals: nichts ist in Wirklichkeit so, wie es auf den ersten Blick scheint. Ein flüchtiger oder achtloser Blick genügt nicht, um die Zusammenhänge zu erfassen. Liest man jedoch weiter, fügt sich alles zu einem glasklaren Bild zusammen. Darüber hinaus ist es Whitehouse (und der Übersetzerin Dorothee Merkel) gelungen, dieses Konzept selbst in den einzelnen Sätzen zu realisieren. Einerseits geschieht dies durch ungewöhnliche, manchmal fast poetische Wort-Konstellationen, andererseits durch die Schilderungen der verschiedenen Charaktere aus Sicht der anderen Personen. Dabei wird jedoch keine Deutungshoheit festgelegt und nicht nur etwas über die betrachtete, sondern auch über die betrachtende Person offenbart. Die Geschehnisse innerhalb der Geschichte sind nicht besonders kompliziert, während es die Charaktere und deren jeweiligen Erfahrungen jedoch sehr wohl sind. Das macht es besonders spannend. Es ist ein Buch, das man verschlingen möchte, aber doch nicht verschlingen kann.
Genauere Informationen zur Handlung gibt es nicht, es lohnt sich, das Buch selbst zu lesen!
Nicht zu vergessen: Die ausgezeichnete Typografie und die tolle Umschlaggestaltung begünstigen das Lesevergnügen abseits des Inhalts.
Dass Romane nicht nur ein einfacher Zeitvertreib sind, sondern dass uns die Erfahrungen und Erlebnisse der Figuren bis in unser Hier und Jetzt beeinflussen können, unsere Erfahrungen bereichern, zeigt sich bei diesem Buch auf einfühlsame und unaufdringliche Weise.
Und außerdem: Jeder ist Teil eines Abenteuers.