Von Helden und Büchern.

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skaramel Avatar

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Bobby Nusku ist gerade mal 12 und sammelt unter seinem Bett Erinnerungsstücke an seine Mutter: Kleider, Duftproben und sogar ihre Haare, die er vom Fußboden des Wohnzimmerteppichs fein säuberlich aufsammelt. Er ist ein einsamer Junge, der bei seinem brutalen, alkoholsüchtigen Vater lebt und in der Schule ausgeschlossen wird. Schlimmer wird es, als sein einziger Freund Sunny nach dem Sommer plötzlich und unerwartet umzieht.

Durch puren Zufall lernt er die geistig behinderte Rosa, deren Mutter Val Putzfrau im lokalen Bücherbus ist, kennen. In den Beiden findet er eine Ersatzfamilie und so bleibt er immer länger und öfter bei ihnen – ohne, dass sein Vater es bemerkt. Doch dann überhäufen sich die Ereignisse: Als die Schuldirektorin Bobbys Vater aufmerksam auf die Abwesenheit seines Sohnes macht, findet er ihn in der Badewanne von Val wieder. Die Gerüchte um Kindesmissbrauch werden laut und Bobby erhält ein Besuchsverbot und sogar Hausarrest. Als dann noch der Bücherbus aufgelöst werden soll, sehen Rosa, Val und er sehen nur einen Ausweg: die Flucht.

"Und dann waren sie fort, in ihrer riesigen, rasenden Bibliothek, fuhren in Richtung eines Ziels, das sie nicht kannten und bis jetzt auch nicht gewagt hatten sich überhaupt vorzustellen. Es fühlte sich an, als würde man ein Buch aufschlagen, von dem man nicht das Geringste wusste."

Generell sind in diesem Buch alle auf der Flucht: Bobby vor seinem Vater, Val vor den Gerüchten und der später zugestoßene, kriminelle Joe flüchtet vor dem Gefängnis. Das klingt erstmal etwas wagemutig und man fragt sich, wie David Whitehouse es schafft, dass diese Geschichte nicht zu abstrus wird. Doch das schafft er durch sein Talent für die Sprache, denn das kann er wirklich: märchenhaft schreiben. Er kann mit Worten spielen und ihnen Bedeutung verleihen, ohne dass er dabei in unnötige Phrasen verfällt.
Besonders bemerkenswert sind natürlich auch die Bücher, die nicht einfach nur im Bücherbus durch die Landschaft Englands gefahren werden, sondern auch parallel von Bobby gelesen werden. Sie öffnen für den ruhigen, einsamen Bobby ganz neue Welten und helfen ihm sein Leben zu verstehen.

"In jedem Buch gibt es irgendeinen Hinweis auf dein eigenes Leben."

Das Buch ist keineswegs ein leichtes, das man schnell liest und sich gut fühlt. Das Cover führt einen leicht in die Irre, da es nicht eins dieser typischen Bücher über Bücher ist. Es ist ein stellenweise sehr bedrückend, da es hier jedem schlecht geht und der Leser zum mitleiden animieren wird. Es gibt eine ganze Palette an Themen von Gewalt über Alkohol bis zum Mobbing und trotzdem möchte man teilhaben an den so diffusen Leben.

Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek* ist wahrlich anders, als man es sich zunächst vorstellt. Doch durch die ungewöhnliche Geschichte und dem bezaubernden Sprachstil steht es nicht umsonst sichtbar in allen Buchläden und Bestsellerlisten. Nehmt euch ein bisschen Zeit und verfolgt wie Bobby Nusku der Held seiner eigenen Geschichte wird.