Wunderbare Geschichte zweier Frauen auf zwei Zeitebenen

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marionhh Avatar

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Liv ist Ärztin an der Charité in Berlin. Nach einem traumatischen Erlebnis, über das sie nicht hinwegkommt, beschließt sie spontan, eine vierwöchige Stelle als Verwalterin auf der Roseninsel im Starnberger See in Bayern, weit weg von allem, anzunehmen. Einzige Verbindung zur Außenwelt ist Johannes, der Lebensmittel und die Post bringt. Durch ein Missgeschick Livs stürzt eine Gipsbüste auf die Holzveranda der historischen Villa und reißt ein Loch, im Hohlraum darunter findet Liv ein Büchlein, das sich als Tagebuch einer längst vergessenen Bewohnerin der Roseninsel aus dem Jahr 1890 entpuppt. Liv beginnt zu lesen und taucht mehr und mehr ein in ein fremdes Leben...

Wunderschöne Geschichte auf zwei Zeitebenen, die von der ersten Zeile an fesselt und die sich hervorragend herunterlesen lässt. Dies liegt zum einen an dem sehr eingängigen, gut zu lesenden Schreibstil, der bei aller Bildhaftigkeit nie platt oder simpel daherkommt, zum anderen an den sympathischen und fesselnden Frauenfiguren der Liv und der Magdalena und zum dritten natürlich an der einfach nur schönen Geschichte. Es sind nicht die große Action, die aufregenden Abenteuer oder das herzzerreißende Drama, die hier erzählt werden, dennoch passiert immer etwas und es wird nie langweilig. Die Autorin versteht es, Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen, und in ihren detailreichen Beschreibungen spiegelt sich ihre Liebe zur Roseninsel wider. Besonders die historische Zeitebene lässt sie authentisch aufleben, ihre Charaktere sind lebendig und vielschichtig und die Beschreibung der Menschen, deren Leben und ihre Lebenswelt überzeugen, so dass man das Gefühl hat, man ist mittendrin. Beide Frauen, Liv und Magdalena, wurden mir innerhalb kürzester Zeit so vertraut, als würde ich sie gut kennen, und die Geschichte lebt natürlich hauptsächlich von ihnen. Über ihre intimsten Gefühle und Gedanken erfährt der Leser am meisten, und auch wenn die weiteren Figuren, gerade im historischen Teil, ebenfalls sehr gut beschrieben sind und eine wichtige Rolle spielen, so dreht sich doch alles um die beiden Frauen und mit ihnen lebt man intensiv mit. Interessant in dem Zusammenhang fand ich, dass sich die Erlebnisse der beiden zu überschneiden scheinen - erlebt zum Beispiel Magdalena die Liebe, erlebt Liv sie ebenfalls, hat Magdalena einen Durchhänger, hat ihn auch Liv. Auch wenn sie über Jahrzehnte voneinander getrennt leben und ganz klar Kinder ihrer Zeit sind, bleiben sie doch stark miteinander verbunden. Beide haben eine schwierige Zeit, verarbeiten traumatische Erlebnisse, treffen ungewöhnliche Entscheidungen, finden zu sich selbst und schließlich ihr Glück. Beides sind starke, intelligente Persönlichkeiten, die von Selbstzweifeln geplagt viele Regeln hinterfragen.

Bei den Nebenfiguren fand ich besonders die Baronin Zeiss herrlich beschrieben, diese habe ich direkt vor mir gesehen in ihrem Krähen-Outfit und mit stocksteifem Rücken! Johannes war einfach nur nett, seine Oma Rosa hingegen wieder eine originelle Figur und eine lebendige Verbindung zur Vergangenheit.

Fazit: Wunderbares Buch zum Abtauchen in eine andere Welt, das Lust macht mehr über diese geheimnisvolle Insel und ihre Geschichte zu erfahren. Keine hochgeistige, aber eine sehr fesselnde Geschichte mit faszinierenden Frauenfiguren, deren beider Leben auf wundersame Weise verwoben werden und über die man gerne mehr erfahren würde. Sehr gelungen übrigens auch das Nachwort, das dem Leser die historischen Tatsachen näher bringt und den Bezug zur Geschichte herstellt. Wärmstens empfohlen für alle, die gerne in eine Epoche abtauchen und sich mit interessanten Frauenfiguren identifizieren können.