Zwei Frauen, zwei Zeiten, ein Ort

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missdejavu Avatar

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Die Roseninsel von Anna Reitner ist ein Roman über zwei junge Frauen zu verschiedenen Zeiten, verbunden durch denselben Ort – die Roseninsel.

In der Gegenwart erfahren wir die Geschichte der berliner Ärztin Liv, die aufgrund eines Vorfalls, den wir erst im Verlauf des Buchs erfahren, Hals über Kopf aus Berlin flüchtet, und für einen Monat auf einer winzigen Insel im Starnberger See eine Vertretungsstelle als Verwalterin annimmt.
In den kommenden vier Wochen, die Liv sich möglichst einsam und allein vorstellt, passiert allerdings mehr als erwartet. Liv lernt nicht nur den sympathischen Johannes kennen, der doch eigentlich so gar nicht ihrem Typ entspricht, sondern stolpert wortwörtlich und ganz zufällig in eine Tür zur Vergangenheit. Durch ein altes Tagebuch, das Liv findet, erfahren wir von dem Schicksal der jungen Frau Magdalena, die um 1890 aufgrund ihrer geheimen Verwandtschaft zum König Bayerns, gezwungen war, ihr Leben für viele Jahre auf der Roseninsel zu verbringen.

Beide Geschichten werden dem Leser im Wechsel erzählt und es finden sich viele kleine und große Parallelen im Lauf der Erzählung. Hauptaspekt sind auf jeden Fall die Liebesbeziehungen der beiden Charaktere, die sich langsam aber stetig entwickeln, gespickt mit Hürden und kleineren Nebenereignissen.

Der Schreibstil ist solide – eher locker und flüssig, passend zur Geschichte selbst. Die Autorin schafft es gut, die Gefühle und Umgebung greifbar zu machen. Besonders positiv ist mir diese gewisse Grundstimmung aufgefallen, die das ganze Buch über herrscht und das Gefühl erzeugt, als wäre es fast schon egal, zu welcher Zeit man sich gerade an diesem Ort befindet.
Von Anfang an kann man sich recht gut in die Charaktere hineinversetzen, obwohl die Situation von beiden doch eher ungewöhnlich ist und auch wenn das Buch eher kurz ist, kann man durchaus eine Entwicklung der Protagonistinnen mitverfolgen, die sich in den fast schon überraschenden Aktionen am Ende des Buches äußert.

Schön fand ich auch, dass historische Fakten aufgegriffen und im Roman verarbeitet wurden, allerdings ein großer Teil Fiktion ist. Kennt man sich mit der Geschichte Bayerns und dem Ort nicht sehr gut aus, dann merkt man dies allerdings während des Lesens nicht. Umso spannender, dass die Autorin im Anhang kurz erläutert, welche Aspekte erfunden sind und mit welchem Hintergedanken. (Da spart man sich die eigene Recherche, falls man neugierig ist ;-)

Trotz der emotionalen und teils auch düsteren Aspekte ist die Roseninsel ein eher lockerer Liebesroman, mit dem man super ein wenig dem Alltag entkommen und leicht abschalten kann.
Alles in allem ein wunderbarer Wohlfühlroman und eine klare Leseempfehlung.