Beklemmender Thriller mit Schwächen

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Bei diesem Thriller ist mir zunächst das düstere Cover ins Auge gestochen, das durch die ungewöhnliche Perspektive eine echte Sogwirkung erzeugt und die bedrohliche Atmosphäre sehr gut widerspiegelt. Zu Beginn der Geschichte findet sich der Leser direkt in einer grausamen Szene wieder: Ein Mann wird nachts auf eine beleuchtete Skischanze gezwungen und in den Tod gestoßen. Als Ellen, die nach Jahren in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist, um dort eine Hausarztpraxis zu übernehmen, den Toten entdeckt, wird sie von Angst und Erinnerungen überwältigt. Denn sie kennt das Opfer – und könnte selbst ins Visier der Ermittlungen geraten. Ist der Mord Zufall oder weiß jemand mehr über ihre Vergangenheit?

Lars Menz schafft es von der ersten Seite an, durch stimmungsvolle Beschreibungen und subtile Andeutungen eine beklemmende Atmosphäre zu erzeugen. Das verschneite Alpendorf mit seinen düsteren Geheimnissen und der eingeschworenen Dorfgemeinschaft bildet dabei eine eindrucksvolle Kulisse, die die Spannung zusätzlich verstärkt. Menz’ Schreibstil ist flüssig mit präzisen, aber dennoch detailreichen Sätzen sowie kurzen Kapiteln, die das Tempo hochhalten.
Auch die Protagonistin Ellen wird mit ihrer inneren Zerrissenheit und ihren Ängsten detailliert charakterisiert. Obwohl sie mittlerweile eine erfolgreiche Ärztin ist, konnte sie das schreckliche Verbrechen, das ihr in ihrer Jugend widerfahren ist, nie gänzlich verarbeiten. Umso schwerer nachzuvollziehen fand ich, dass sie nach all den Jahren nun doch an den Ort ihres Traumas zurückkehrt. Die zahlreichen Nebencharaktere fügen sich gut in das Gesamtbild ein. Einige, wie Ellens Schwester Saskia oder der pensionierte Polizist Karl Haußer, bleiben jedoch etwas blass und die Nebenhandlungen hätten hier noch besser ausgearbeitet sein können. Besonders gut gefallen haben mir jedoch die Kapitel aus der Perspektive des Täters, die Einblicke in seine Gedanken und Motive geben.

Mein größter Kritikpunkt an diesem Thriller ist allerdings, dass manche Wendungen doch sehr vorhersehbar waren und ich relativ schnell erahnen konnte, wer der Täter ist (auch wenn einige Enthüllungen am Ende doch noch überraschend kamen). Auch fehlte mir ein wenig die „klassische“ Ermittlungsarbeit der Polizei, die in diesem Buch keine nennenswerte Rolle spielt. So fand ich es zum Beispiel doch verwunderlich, dass Ellen kein einziges Mal zu dem Mord befragt wird.

Mein Fazit: „Die Schanze“ ist ein solides Thriller-Debüt, welches mit seiner beklemmenden Atmosphäre und dem packenden Schreibstil punkten kann. Aufgrund der erwähnten Schwächen gibt es von mir jedoch insgesamt nur 3,5 Sterne.