Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde

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Verliert man einen geliebten Menschen, erinnert jeder Fest- und Feiertag schmerzlich an diesen. Diesen Tage sind so aufgeladen mit Wehmut und gleichzeitig manifestieren sie, dass das Leben weitergegangen ist und nicht eingefroren wird. Obwohl man sich das anders wünschen würde. Oder, wie es in dem Gedicht von W. H. Auden heißt:

„Stop all the clocks, cut off the telephone.“

Aber kaum jemand trauert allein. Wenn ein Kind stirbt, aber noch andere da sind… ja, da kann man als Eltern schon aufgerieben werden, zwischen der eigenen Trauer und der Verantwortung für die anderen Kinder. Julian wird an heilig Abend 10 Jahre alt werden, aber in seiner Familie fühlt es sich weder weihnachtlich noch festlich an, ist doch im Sommer seine fast 16jährige Schwester gestorben. Die Eltern sind noch nicht in der Lage auf seine Bitten zu reagieren, dass sie den Adventskranz aufstellen oder Pfefferkuchen backen. Aber zu seinem Glück läuft Julian die fröhliche Hedvig über den Weg. Doch auch sie umgeben Geheimnisse…

CN / Content Note: Depression, Essstörung, Suizid-Tendenzen, Tod von Kindern

„Die Schneeschwester“ von Maja Lunde transportiert diese Sehnsucht nach der Vergangenheit, als die Schwester noch am Leben war, aber gleichzeitig auch die nach einer Zukunft, in der die Trauernden wieder lachen können. Mein Vater ist im Frühjahr seit acht Jahren tot und gerade an Feiertagen erinnere ich mich viel an ihn. Daher war das Hörbuch für mich eine bitter-süße Erfahrung, erst recht, weil Axel Milberg dieses nostalgisch-schmerzliche Gefühl so gut transportiert, dass mir oft ein Schauer über den Rücken lief.

Julian findet, dass seine Eltern nicht mehr aussehen, wie sie selbst. Und er will sie wiederhaben, wenn das bei seiner großen Schwester schon nicht möglich ist. Diesen komplexen Trauerprozess, diesen Weg zurück ins Leben, den schildert Maja Lunde so treffend, dass er auch für Kinder absolut nachvollziehbar ist.

„Ich wünschte mir von ganzem Herzen ja sagen zu können. Nur noch eine Tasse Schokolade. Nichts wollte ich lieber als das.“

Ganz im Zeichen der Weihnacht erzählt die Autorin auch, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als sich mit dem Verstand erklären lässt – dadurch wird die Geschichte zauberhaft und magisch und auch die Schneeschwester wird ganz wundervoll erzählt.

Maja Lunde hat ein wundervolles, intensives Kinderbuch geschrieben, auch, wenn es sehr traurig ist. Ich habe solch traurige Geschichten schon als Kind geliebt. Und ich finde es auch wichtig, dass Kinder sich mit psychischen Erkrankungen in Geschichten auseinandersetzen können. Ich finde, der Autorin ist die Umsetzung sehr kindgerecht gelungen. Mein Sohn ist knapp 8, ich denke, für ihn wäre es auf alle Fälle noch zu traurig. Der Verlag empfiehlt das Buch ab 10 Jahren. Ab da hängt es davon ab, wie stark das jeweilige Kind auf Trauergefühlt reagiert.

Fazit
Eine wundervoll, wehmütige Weihnachtsgeschichte, genial gelesen von Axel Milberg. Absolute Lese- und Hörempfehlung, 5 von 5 Sternen.