Reformpädagogik auf Juist

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Von Sandra Lüpkes wusste ich, dass die Inselhotelreihe von ihr ist und auch, dass sie Hannoverkrimis schreibt. Ihr im März 2020 veröffentlichter Roman „Die Schule am See“ spielt zur Weimarer Republik auf der Insel Juist – ihrer Heimat. Die Beschreibung sprach mich an und ich war neugierig auf das Buch. Als dann noch feststand, dass ich einige Tage auf der kleinen Nordseeinsel Juist verbringen werde, wollte ich das Buch eigentlich vorher lesen. Es war für mich gut, dass ich es erst nach unserem Urlaub gelesen habe.

Als ich jetzt das Buch las, hatte ich ganz viele Bilder vor Augen und wusste genau, in welcher Straße man gerade war und kannte die Gebäude und Wege. Ich spürte den Wind, Regen, sah die Gefahr des Meeres, den unendlichen Strand, bei dem ich bei unserem Strandspaziergang den Eindruck hatte, wenn wir weiter gehen, können wir gleich durchs Wasser rüberlaufen nach Norderney.

Sandra Lüpkes lässt einen eintauchen in die Weimarer Republik und dem besonderen Inselleben auf Juist, der Gründung einer der ersten reformpädagogischen Schule. Hier ging man auf die Schüler ein, förderte ihre Stärken und ihre Schwächen. Eduard Zuckmayer gibt seine Karriere auf, um die Schüler musikalisch zu bilden. Es war wirklich kein leichter Weg diese Schule zu gründen, den Neid, die Missgunst einiger Juister Bürger bekommt man zu spüren. Die Welt ist im Umbruch, und auch das Naziregime hält dort langsam Einzug. Sandra Lüpkes erzählt die Geschichte dieser Schule aus Sicht mehrerer, zum Teil fiktiver Charaktere. Im Nachwort erfährt man dann ein bisschen mehr über Fiktion und Realität.

Mir hat die Erzählweise sehr gefallen, es ist eine ruhige Erzählweise ohne Effekthascherei, die jedoch viel über die Menschen, die idealistisch ihre Idee verfolgten, verrät. Auch da ist nicht alles perfekt, Geld ist manchmal wichtiger als anderes, doch für mich war das Buch sehr angenehm, informativ und unterhaltsam zu lesen. Das besondere ist, dass die Tochter von Anni und Paul Reiner Informationen geliefert hat, die die Autorin ins Buch einarbeiten konnte und so ein rundes, gelungenes, realitätstreues Bild der Familie, der Schule und der Zeit geliefert hat.

Das Buch musste in meiner Monatshighligtauswahl konkurrieren mit „Becoming“ von Michelle Obama. Ich habe mich festgelegt für „Schule am Meer“, weil hier die Autorin eine fremde Geschichte erzählt, basierend auf hist. Ereignissen und Personen, aber nicht ihre eigene Geschichte. Alle Autoren bekommen Hinweise für den erzählerischen und sprachlichen Feinschliff, doch bei Obama war das Team bestimmt bedeutend größer.