Tolles Zeitzeugnis!

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1925 wird auf Juist eine Schule gegründet. Engagierte Lehrer möchten dort Kinder nach refompädagogischen Aspekten unterrichten. Soweit die trockenen Fakten zu dieser Schule, die es wirklich gab. Sandra Lüpkes füllt dies nun mit Leben, erzählt von Anni Reiner, Eduard Zuckmayer, die dort lehren und von Maximilian, genannt Moskito, der dort lernt. Und von dem Rest der Insel, deren Bewohner der Schule teilweise mehr als kritisch gegenüberstehen. Auch hier machen sich der ersten Regungen des kommenden bemerkbar und eine Schule, wie die Schule am Meer passt so gar nicht in das Bild des aufkommenden Nationalsozialismus.

Es beginnt und endet alles mit Anni Reiner, die zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern auf die Insel kam, um die Schule mit aufzubauen. Nicht nur mit ihrer eigenen Tatkraft, sondern auch mit der finanziellen Unterstützung ihrer Familie. Trotzdem wird sie in den Chroniken der Schule kaum erwähnt. Der Schulleiter Martin Luserke, genannt Lu, überstrahlt alles und nimmt alle mit seiner charismatischen Art gefangen. Es gelingt ihm auch Eduard Zuckmayer, den Bruder des Schriftstellers Carl Zuckmayer und erfolgreichen Dirigenten, davon zu überzeugen, an der Schule zu arbeiten. Für den eher ruhigen Zuck erweist sich die Schule als Glücksfall und er freundet sich mit den Reiners an.

Der Schulalltag ist bestimmt durch viel Musik, Kunst, Literatur und Sport. Die Kinder werden rund um die Uhr beschäftigt und sind angehalten im Schulalltag mit anzupacken. Es wirkt sehr idyllisch, auch wenn das Leben auf der Insel wohl auch aus Geldmangel, oft kein Zuckerschlecken war. Besonders im Winter, wenn die Insel vom Festland abgeschnitten war, fehlte es oft an vielem. Aber trotz allem klingt die Schule so, als wäre man dort gerne Schüler gewesen.

Der Nationalsozialismus macht aber auch vor der Insel nicht halt. Schon bei der Ankunft müssen Anni und ihre Mutter, die aus einer jüdischen Familie stammen, feststellen, dass Juden nicht erwünscht sind. Die Mutter kann ihr Zimmer im Hotel nicht beziehen. Hotelierstochter Therese und Aushilfskellner Gustav Wenniger repräsentieren so auch im Folgenden immer den politischen Gegenpart der liberalen und demokratisch eingestellten Lehrerschaft.

Eine kurzen Auftritt, wenn auch nicht namentlich, hat auch Erich Kästner, als Moskito und ein Freund von ihm, in Berlin Zeugen der Bücherverbrennung werden. Gerade diesen Auftritt fand ich sehr gelungen.
Die Schule sollte den Nazis nicht standhalten können. Sie wurde 1934 aufgelöst. Moskito hat die gesamten 9 Jahre dort verbracht und begleitet mit seiner eigenen Entwicklung auch die der Schule.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Auch wenn es nicht actionreich ist und viel aus dem Alltag erzählt, gibt es ein gutes Bild dieser Zeit und dieser außergewöhnlichen Schule wieder. Von mir daher eine volle Leseempfehlung!