Visionen

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"Die Schule am Meer" von Sandra Lüpkes beschreibt den Wunsch nach Veränderungen, die Umsetzung von Visionen und ein hoffnungsvolles Umdenken in Sachen Pädagogik zur Zeit der Weimarer Republik.

Paul und Anni leben ihre Vision: gemeinsam mit anderen Pädagogen möchten sie eine reformierte Schule auf Juist einrichten, um dort Kinder und Jugendlichen handlungsorientierter auf das Leben vorzubereiten. Schnell hat die Einrichtung auf Juist einen Namen gefunden. Schule am Meer. Hier sind schon bald viele Kinder und Jugendliche aus verschiedenen familiären Verhältnissen untergebracht, um gemeinsam zu leben, zu entdecken und zu lernen. Die neu errichtete Schule wird jedoch von den Insulanern kritisch beäugt: es gibt zahlreiche Kritikpunkte und Konflikte. Im Verlaufe der Geschichte spielt der Nationalsozialismus und die dadurch einkehrende Weltanschauung eine immer stärkere Bedeutung.
Lüpke schafft es das Leben an dem Internat Schule am Meer intensiv zu beschreiben und darzustellen. Dies gelingt vor allem durch die Schilderung des Schulalltags durch die Darstellung verschiedener Perspektiven. Zum einen wird die Perspektive durch Anni Reiner geschildert, die eine wohlhabende Jüdin ist und mit ihrer Familie die Vision umsetzen möchte. So begleiten wir den Schüler Mücke von der ersten Stunde bis zum Abitur in seinem Alltag. Durch Mücke erfahren wir, wie das Einleben von statten geht, welche Rituale und die Beziehung zwischen Schülern und Lehrern funktioniert.Die zweite Sichtweise ist die von Eduard Zuckmayer, der dort hiesiger Musiklehrer war. Besonders interessant für mich waren die Informationen über den reformpädagogischen Ansatz und deren Umsetzung. So legte der Pädagoge und Schulleiter Martin Luserke ein besonderen Fokus auf Schauspiel und die bildende Kunst.

Der Roman mit seinen 576 Seiten ist ein dicker Wälzer. Die Geschichte ist tendenziell ruhig, hoffnungsvoll und gespickt mit kleinen Spannungsmomenten. Man kann sich sehr gut in diesem Buch und dem Inhalt verlieren. Vor allem der Rückbezug und der Einfluss von wahren Begebenheiten sind mir sehr positiv aufgefallen. Die Fotos im Einband haben dies nochmals unterstützt. Für mich ein überraschend ruhiges, lesenswertes und eindrucksvolles Buch.