Die Liebe zum Tanz

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Die Schwester des Tänzers, von Eva Stachniak erschienen im
Insel Verlag, 567 Seiten, ist eine Familiengeschichte um die Russische Tänzer-Familie Nijinski.
Bis heute gilt Waslaw Nijinsky als einer der bedeutendsten russischen Balletttänzer seiner Zeit. Das Talent wurde ihm bereits in die Wiege gelegt. Nijinsky wurde 1889 als Sohn eines Tänzers und einer Tänzerin geboren, auch seine jüngere Schwester Bronislava war eine berühmte Ballerina und Choreographin.
Schon sehr früh lernten die Geschwister Bronia, Waslaw und Stassik von ihren Eltern, die beide Tänzer waren, schweißtreibende schmerzhafte Anstrengung bis zur Erschöpfung und dabei auf die Gunst des Publikums angewiesen zu sein.
Waslaw und Bronia sind beide sehr talentiert und fleißig und werden an der kaiserlichen Ballettschule in St. Petersburg aufgenommen, dabei macht es den Anschein als ob Bronia die etwas weniger talentierte der Geschwister wäre, was sie durch Mühe und Fleiß erreichte fiel ihrem Bruder durch seine außerordentliche Begabung leichter.
Schon sehr früh trennten sich die Eltern und Stassik war durch einen Unfall behindert und musste in einer Anstalt aufgenommen werden.
Nach der Ballettschule bekamen beide eine Anstellung am Marijinski Theater, wechseln bald zu Balletts Russes und die Reise von Engagement zu Engagement beginnt. Schon früh nennt man Waslaw den „Gott des Tanzes“. Beide erschaffen mit eigenen Choreografien die moderne Art des russischen Balletts. Nachdem Waslaw dem Wahnsinn verfällt, wechseln bei seiner Schwester Erfolge und Misserfolge privat wie auch beruflich. Letztendlich hat sie noch einige schwere Schicksalsschläge zu verkraften.
Bronia beeindruckt mich als Person sehr stark. Schon früh stellte sie fest, an der Seite meines Bruders wachse ich über mich hinaus, obwohl sie immer in seinem Schatten stand und die Schwester von - du weißt schon wem – war. Und wenn sie noch so tief am Boden zerstört war hat sie sich aus eigener Kraft wieder hochgebracht.
Waslaw dagegen war es gewohnt, auch durch sein außerordentliches Talent, dass ihn manches einfach so zuflog, sogar die Schulaufgaben erledigte seine jüngere Schwester für ihn. Er war der Gott des Tanzes, der Star von Paris und seine Sprungtechnik war einzigartig. Durch seine mutigen Choreographien hat er dem modernen russischen Ballett eine entscheidende Richtung gegeben, bis heute ist der Name Nijinsky daher ein Synonym für perfekte Tanzkunst.
Stachniak beweist hier, dass sie einen sehr flüssigen Schreibstil hat. Durch die vielen russischen Namen, war es für mich jedoch stellenweise schwierig, den Überblick zu behalten.
Die Politische Lage, bzw. die geschichtlichen Hintergründe hätten mehr sein dürfen. Die Ermordung von Zar Nikolaus II. und seiner Familie z.B. wurde mit einem Satz abgehandelt.
Der Spannungsbogen wird allgemein etwas flach gehalten, die Erzählung plätschert so dahin.Ich war aber jederzeit in der Lage den Überblick in der Handlung zu behalten.
Dadurch, dass die Autorin wörtliche Rede verwendet, und Russische bzw. Polnische Phrasen, sowie Fachbegriffe kursiv geschrieben sind, ist die Geschichte doch recht lebendig gestaltet. Es handelt sich hier um eine personale Ich-Erzählung aus der Sicht von Bronislawa.
Der Plot ist in 7 Teile geteilt. Jedes Kapitel beginnt kurz mit der aktuellen Zeit auf der Überfahrt von Europa nach Amerika, dem folgt ein Rückblick auf eine Zeitspanne von ca. 10 Jahren.
Ganz toll fand ich, dass von Zeitgenossen die Rede war, die die damalige Zeit geprägt haben und die auch heute noch bekannt sind, wie Rachmaninow, Strawinsky, Chaplin, Rasputin, die Pawlowa uvm.
Ich habe die beiden Bestsellerromane von Eva Stachniak, über die russische Zarin Katharina die Große, ebenfalls gelesen und muss feststellen, dass die Schwester des Tänzer das schwächste Buch der Autorin ist.
Für Leser die sich für die Geschichte Russlands zu Beginn des 20. Jahrhundert interessieren ist dieser Band eher ungeeignet. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung für die Liebhaber des klassischen oder modernen russischen Balletts.