Schön und detailreich geschrieben

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Zum Jahreswechsel 1919/1920 geschehen in der Leseprobe zwei Dinge: Zum einen fällt Weihnachten bei Louisa sehr dürftig aus. Die Neunzehnjährige hat wenige Monate zuvor den Vater verloren und muss für eine kränkelnde Mutter sorgen - und das allein mit dem Verdienst aus Wäschereidiensten. Der Onkel ist keine große Hilfe, trinkt zu viel und hat Schulden. Diese versucht er abzubauen, indem er Louisa bei seinen Gläubigern feilbietet. Die junge Frau versucht, sich ihm zu entziehen, allein es gelingt ihr nicht. Eine alte Freundin könnte ihr vielleicht helfen, eine Anstellung als Kindermädchen zu bekommen, ihr Onkel passt sie jedoch zuvor ab.
Am 12. Januar gelangen Louisa und ihr Onkel an den Bahnhof. Dort, wo auch Florence vermutlich fast zeigleich erscheint, sich eine Fahrkarte kauft, in den Zug in der dritten Klasse einsteigt, einen seltsamen Mann im Abteil bemerkt und schließlich für immer verschwindet.
Jessica Fellowes hat eine wunderbare Art zu erzählen, kaum ist es möglich, den Blick von den Zeilen zu heben. Sie hat die 20er Jahre hervorragend recherchiert, was vor allem in kleinen Details, wie in etwa Mode deutlich wird. Aber sie vermag es zudem ebenfalls, sich genau in ihre Figuren - und deren Zeit(umstände) - hineinzuversetzen. Noch gibt der Klappentext inhaltlich mehr her, als die Leseprobe, aber diese zeigt schon sehr genau, dass hier ein Page Turner auf den geneigten Leser warten könnte. Spannend wird es vermutlich in mehr als einer Hinsicht. Nicht nur das Verschwinden von Florence (der Name ist sicher kein Zufall) muss aufgeklärt werden, sondern sich auch eine junge Frau durch die Widrigkeiten ihrer Zeit kämpfen. Es handelt sich um den ersten Teil einer Serie; es gibt wohl insgesamt sechs Schwestern, die der Leser allerdings noch nicht kennengelernt hat. Sie leben sicher unter anderen Umständen, als Louisa, die ihnen dennoch einiges voraus sein dürfte. Eine inspirierende Geschichte einer fährigen Autorin.
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