Mitford Manor

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giselle74 Avatar

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Der Herbst ist da. Und mit ihm pünktlich mein Bedürfnis nach Tee, Kamin und Wolldecke. Da aber Tee, Kamin und Wolldecke ohne Buch recht langweilig sind, steigt natürlich auch mein Bedürfnis nach passender Lektüre. Und was könnte passender sein, als ein Krimi in englischen Adelskreisen, geschrieben von der Nichte des britischsten aller Briten Julian Fellowes, dem "Downton Abbey"-Fellowes?
Dem Klappentext entnehme ich, dass Jessica Fellowes die Begleitbände zur Serie geschrieben hat, und das merkt man ihrem eigenen Roman auch deutlich an. Wer also Sehnsucht hat nach dem Downton Abbey- Feeling, der liegt mit Mitford Manor sicher nicht verkehrt.
Mit den Mitfords hat sich die Autorin eine Familie herausgesucht, die wirklich existiert hat. Die Mitford Girls, die sechs Töchter Lord Mitfords, waren zu ihrer Zeit berühmt-berüchtigt sowohl für ihre Schönheit als auch für ihre Exzentrik. Relativ frei, aber ein wenig weltfremd erzogen, fanden sich unter ihnen dann u.a. eine Schriftstellerin, ein Nazi-Fangirl und eine Kommunistin. Die Tischgespräche müssen bisweilen wirklich schwierig gewesen sein...
In diesem Roman nun geht es um Nancy Mitford, die älteste der Schwestern. Intelligent, liebenswürdig, ein wenig oberflächlich, flatterhaft und bisweilen arg spitzzüngig, so wird die junge Dame in ihren Teenagerzeiten dargestellt. Ihr wird Louisa zur Seite gesellt, die, aus schwierigen Verhältnissen stammend, überglücklich ist über ihre Anstellung als Kindermädchen in der hochgeborenen Familie. Diese beiden nun, fast gleichaltrig und fast befreundet, einer echten Freundschaft stehen die gesellschaftlichen Verhältnisse im Weg, rutschen nahezu zufällig in die Ermittlungen zu einem Mord.
Wer nun einen zielgerichteten Krimi erwartet, liegt falsch. Der Autorin geht es mehr um die Beschreibung der adeligen Welt der Zwanziger Jahre, um erste Lieben und kleine Tändeleien, um das Leben in der Familie Mitford, sowohl als Familienmitglied als auch als Bedienstete. Der Mord dient mehr zur Erhöhung der Spannung zwischen Reisen nach London oder an die Küste, verbotenen Bällen und Tee mit Scones. Tatsächlich haben mich der Mordfall und seine Auflösung in einigen Teilen etwas verwirrt zurückgelassen. Aber im Grunde ist das nicht wichtig, denn Jessica Fellowes Schreibstil ist recht charmant und der Roman liest sich so locker-luftig und ist dabei so herrlich snobbish, dass es wirklich Spass macht ihn zu lesen. Geplant ist wohl eine sechsbändige Reihe, in der es in jedem Band um eine andere Schwester gehen soll. Diese Idee finde ich eigentlich recht gelungen und daher werde ich wohl auch die Folgebände lesen.