Eine Reise mit überraschender Wende

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
gisel Avatar

Von

Nelly ist Mitte dreißig, alleinstehend und betreibt in Hamburg einen Imbiss. Sie weiß, dass irgendwann der Tag kommen wird, wenn ihre Mutter sich nicht mehr um ihren zehn Jahre älteren autistischen Bruder kümmern kann, und dass sie dann gefragt ist. Doch dieser Zeitpunkt kommt schneller als sie denkt, als ihre Mutter beim Säubern der Dachrinne stürzt und ins Krankenhaus kommt - ausgerechnet zwei Tage vor ihrer Reise mit Nils nach England, zur Hochzeit eines Cousins. Nelly muss einspringen. Zunächst überlegt sie, wie sie Nils umgehend anderweitig unterbringen kann. Dann aber bricht sie doch mit ihrem Bruder auf die Fahrt nach England auf. Eine Reise, bei der Nils ihr einiges abverlangt.
Damit sind die Zutaten fertig für eine sowohl heitere wie auch nachdenkliche Geschichte über den Umgang mit behinderten Menschen überhaupt und autistischen im Besonderen, vor allem aber darüber, was denn nun „normal“ ist und was nicht. In vielen heiteren Momenten dieses Buches lacht der Leser erstmal über die slapstickartigen Begebenheiten, bevor er anfängt, darüber nachzudenken. Für Nelly, die ihr Leben abseits von den Geschehnissen rund um Nils‘ Erkrankung sieht, stellt sich schnell die Frage, wie sie ihr Leben weitergestalten soll. Was ein Glück, dass sie in England eine überraschende Antwort darauf findet.
Dennoch bleibt die Erzählung eher im oberflächlichen, denn viel zu schnell ergeben sich die Antworten von selbst. Damit aber vergibt die Autorin viel von ihrer Überzeugungskraft, die sie durch die nachdenkliche Seite des Buches angeregt hat. Denn nicht jede(r) – Achtung Spoiler! - findet so überraschend (und vor allem so klischeehaft) nicht nur den Partner fürs Leben, sondern auch eine berufliche Zukunft, die einen autistischen Bruder gleich mit integriert.
So liest sich die Geschichte recht flott und humorvoll, aber einen bleibenden Eindruck hinterlässt sie nicht. Sehr gut gefallen hat mir das Cover, das eher schlicht gehalten ist, dafür aber mit einigen hervorgehobenen Elementen, sowie die Rezeptvorschläge, die sich an das vorhergehende Kapitel anlehnen.
Wer ein unterhaltsames Buch sucht mit viel Leichtigkeit und einem Schuss Nachdenklichkeit, ist hiermit gut bedient.